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Der Berliner Senat hat Asien entdeckt

Die heute beginnenden Asien-Pazifik-Wochen sollen für die Hauptstadt Berlin und den Standort werben. Kimono-Vorführung, ostasiatisches Mondfest und Drachenbootrennen bei der „ersten großen Hauptstadtveranstaltung“  ■ Von Sven Hansen

Der Senat möchte die Beziehungen zum Fernen Osten stärken und auch den Horizont der Berliner erweitern. Heute eröffnen Bundespräsident Roman Herzog, Bürgermeister Eberhard Diepgen und der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft und Siemens-Chef, Heinrich von Pierer, im Rathaus die Asien-Pazifik-Wochen. „Die westliche Welt muß sich stärker nach außen orientieren, will sie sich langfristig im ,Wettbewerb der Kulturen‘ behaupten“, so Senatssprecher Michael-Andreas Butz.

Die Berliner ruft der Senat mit den vier Asien-Pazifik-Wochen „zur Teilnahme an der Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft“ auf. „Wir wollen die asiatisch-pazifische Region bekanntmachen und bei Unternehmern die Hemmschwelle für Kontakte mit asiatischen Partnern abbauen“, so Butz. Die Veranstaltungsreihe soll Berlins Exporte in die Region fördern. Die Asien-Pazifik-Wochen nennt der Senat gar die „erste große Hauptstadtveranstaltung“. Damit nehme die Stadt ihre „Verantwortung für Deutschland und das vereinte Europa wahr“ und wolle sich „für den Dialog mit dieser wichtigen Zukunftsregion profilieren“, so Butz.

Im Kontrast zu den großspurigen Ankündigungen stehen dagegen die geringen Mittel, die der Berliner Regierung die Asien-Pazifik-Wochen wert sind. Laut Rainer Seider von der Senatskanzlei gibt es nur Sachmittel von 50.000 Mark, hinzu kommen 100.000 Mark der senatseigenen Marketingfirma Partner für Berlin für Werbung. Zwar würden nicht bezifferbare Kosten auch von anderen Senatsstellen bis hin zu den Bezirksämtern getragen. Doch von den 180 Veranstaltungen der Asien-Pazifik-Wochen organisiert und finanziert der Senat außer der heutigen Eröffnung und einer Abschlußveranstaltung nur ein einziges Symposium selbst.

„Wenn kein Geld da ist, sollte man so was mit Asiaten gar nicht machen. Die erwarten Gastfreundschaft“, meint Werner Pfennig, der Leiter der Arbeitsstelle Politik Chinas und Ostasiens an der FU. Senatmitarbeiter Seider hingegen meint, nicht die Asiaten interessierten sich für die Kosten, sondern nur die deutsche Presse. Den asiatischen Gästen, die auf eigene Kosten anreisen müßten, werde eine Eröffnungsveranstaltung mit einem ordentlichen Buffet geboten – sonst nichts. Seider räumt ein, daß Berlins Regierung nicht einmal ein einziges zentrales Großereignis mit Ausstrahlungskraft organisieren konnte, weil dies die Senatskanzlei überfordert hätte.

Während der Senat mit der Veranstaltungsreihe das Asien-Engagement bundesdeutscher und Berliner Organisationen fördern will, müssen die 130 beteiligten Organisationen, Institutionen, Firmen und Konsulate den Löwenanteil der Kosten und des Aufwands selbst tragen. Der Senat bietet nur den öffentlichen Rahmen.

So wurde das vierwöchige Programm ein Sammelsurium von Veranstaltungen, von denen viele ohnehin stattgefunden hätten. Das Programm reicht von einer Kimono-Vorführung, einem ostasiatischen Mondfest und Drachenbootrennen über einen Workshop „Umweltmanagement in Thailand“ und einer Präsentation des Asien-Geschäfts von Daimler Benz bis zu einer Konferenz über Herzforschung in China. Es gibt Länder-Investitionstage, eine Lehrerfortbildung über Japan und eine Peking-Oper.

Trotz des großen Anspruchs, Berlin als Ansprechpartner Asiens in Europa etablieren zu wollen, muß der Senat zunächst provinziell gewirkt haben. Es gab Schwierigkeiten, Bundesverbände zur Teilnahme zu bewegen. So verstand der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) die Asien-Pazifik- Wochen zunächst als lokales Berliner Ereignis, bestätigt DIHT- Asienreferent Detlef Böhle. Zu den geringen Mitteln meint Böhle: „Ich hoffe, die Asiaten merken das nicht.“ Inzwischen sehe der DIHT die Veranstaltungsreihe jedoch sehr positiv: „Diese Asien-Pazifik- Wochen dienen letztlich dem Geschäft, und das wollen wir ja.“

Pieter Gorter von der Berliner Firma India Consult begrüßt die Kombination von Wirtschaft und Kultur, weil man ohne kulturelles Verständnis keine Geschäfte machen könne. Seine Kritik jedoch: „Mehrere Veranstalter aus dem gleichen Bereich bieten am selben Tag etwas an. Warum konnte man das nicht besser koordinieren?“

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