Goldkehlchen

■ „Raw Like Sushi“und „The Golden Hearts“im „Gate“

Unter dem Tarnnamen „Indie-Pop-Core-Party“gaben am Mittwoch die Bremer Bands „Raw Like Sushi“und „The Golden Hearts“ein Konzert im „Gate“. Fünf Mark für zwei Bands und eine Menge massenkompatibler Alternative-Hits zwischendurch – da konnte man nichts sagen. So war die kleine Disco recht gut gefüllt mit einem recht gemischten Publikum. Langhaarige im Batik-Hemd, Kurzhaarige im Hardcore-T-Shirt, Wirrhaarige im Grufti-Outfit und jede Menge StatistInnen im unauffälligen Alltagslook waren gekommen.

Auf der Bühne gab es klare Arbeitsteilung in Sachen Pop-Core: Erst „Raw Like Sushi“mit dem Pop-Teil, dann lieferten „The Golden Hearts“den Core nach. Erstere zeichneten sich durch verträumte Melodien und noch verträumteren Gesang aus. So verträumt gar, daß der Sänger anfangs gar nicht gegen seine Mitmusiker ansingen konnte. Man ging aber aufeinander ein, und bald herrschte eitel Harmonie. Nicht nur die Gitarre schwelgte in hübschen Mitsumm-Melodien, auch der Baß begnügte sich selten mit schnödem Rhythmus-Rückgrat, sondern schwebte oftmals mit der Gitarre gen poppigen Wolkenhimmel.

Richtig flott ging es selten zur Sache. Lediglich der Ersatz-Drummer von den Bremer Krautrock-Darlings „Verstärker“gab dem Sound ein wenig Wucht. Das Ganze klang nicht sehr eigen, aber gut abgeguckt. Eben britischer als britisch; als würden die späten „The Cure“die frühen „Joy Division“covern. Derartige Stars sind die Hanseaten zwar noch nicht, aber am Mittwoch probten sie dafür bereits erfolgreich.

Eines hatten die beiden Bands gemeinsam: Ihre Namen waren irreführend. „Raw Like Sushi“waren weder roh noch fischig, und „The Golden Hearts“waren im positiven Sinne alles andere als goldig oder herzig. Sie eröffneten zwar mit einem Western-Instrumental, das richtig schön nach Prärie klang, hauten aber danach ordentlich in die Saiten und auf die Felle. Die Sängerin sang zunächst verhältnismäßig ruhig.

Man meinte schon, diese Band flink in eine Schublade stecken zu können: Harte Jungs an den Instrumenten mit einem sanften Mädchen am Mikro. Aber weit gefehlt: Bald begann die Dame zu schreien, und selbst die gewohnheitsmäßigen Thekensitzer reckten neugierig ihre Hälse gen Bühne. Berechenbarkeit war keines der Markenzeichen der MusikerInnen. Musikalisch bewegten sie sich nah am Punk, wagten aber auch ruhigere Stücke, die dank Brummigkeit und ehrlicher Liebe zum Krach nie in Kitsch ausarteten. „The Golden Hearts“zeigte sich im „Gate“als eine Band, für die sich das Da- und Aufbleiben lohnte.

Andreas Neuenkirchen