Mehr als rölatiw nett

■ Die Tänzerin Daniela vom Scheidt ist die neue Leiterin des Institut Français

Ein Wort nur, nicht einmal ein besonders spektakuläres, und man schmilzt dahin. „Ich hatte rölatiw viel Glück, daß ich nach Bremen kommen konnte.“Relativ schnell, relativ viel, relativ spontan – wie schön das klingen kann mit französischem Akzent. Zumal, wenn die warme Stimme Daniela vom Scheidts zwar ein ansteckendes Lachen, aber ansonsten „nur“hochdeutsche Sätze hervorbringt.

Daß ihre Stimme, wie sie sagt, „die richtige deutsche Musik beim Sprechen hat“, verdankt die neue Leiterin des Institut Français ihrem Elternhaus. In einer Zeit, da viele SüdeuropäerInnen in Deutschland begannen, wie Gäste zu arbeiten, entschieden sich Daniela vom Scheidts francophilen Eltern für den Umzug von Koblenz nach Strassbourg. Der Vater, im Speditionswesen tätig, hatte im Strass-bourger Binnenhafen einen Job gefunden. Für die damals siebenjährige war der Wechsel in den Elsaß aber „kein Kulturschock und auch kein sprachlicher Nachteil“. Ganz im Gegenteil. Während sie mit den Eltern weiterhin deutsch sprach, redete sie mit ihren drei jüngeren Geschwistern französisch. Bis heute ist das so geblieben. Und gereichte der 45jährigen sicherlich nicht zum Nachteil, als sie vor Monaten den Entschluß faßte, sich beim Außenministerium ihres Heimatlandes – mit elf hatte sie die französische Staatsbürgerinnenschaft angenommen – um die Leitung eines Kultur- und Sprachinstituts im deutschsprachigen Ausland zu bewerben.

Dabei lag der Job trotz der sprachlichen Prägung nicht unbedingt nahe. Daniela vom Scheidt ist – und die schlanke, anmutige Frau bestätigt das mit jedem Schritt – Tänzerin. Das Strassbourger Opernhaus war lange Zeit ihr zweites Zuhause. Aus der Welt des Tanzes in die der Behörden, erst Künstlerin und nun Institutsleiterin: Ist das nicht ein unmöglicher Spagat? Mon Dieu, was für eine blöde Frage, zudem noch so holperig formuliert. „Ich habe mich immer auch für die Theorie interessiert. Deshalb habe ich, für eine Tänzerin tatsächlich ungewöhnlich, studiert.“

Germanistik und Theaterwissenschaften in Paris, Strassbourg und München – und im Anschluß daran landete Daniela vom Scheidt doch wieder auf der Seite der Praxis, als Regieassistentin am Pariser Theatre de la Commune. Was heutzutage Chefs Stirnrunzeln verursacht („Sagen Sie mal, haben Sie irgendwas auch mal länger gemacht?"), war und ist für vom Scheidts Werdegang charakteristisch. Ständig neue Orte, neue Herausforderungen: Also weg vom Theater, hin zum Film, wo sie für ARTE und das Kino unter anderem als Dialogtrainerin tätig war.

Produktive Unruhe will sie auch in Bremen verbreiten. Obwohl erst seit September in der Stadt, die sie zuvor „allenfalls von einer Durchfahrt auf dem Weg nach Norderney“kannte, hat sie bereits erste Pläne. Die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen will sie verstärken, etwa mit dem spanischen Instituto Cervantes, dessen Leiter Manuel Fontán del Junco ebenso wie vom Scheidt erst seit wenigen Monaten im Amt ist.

Und sonst? Mit offenen Augen durch das „Viertel“gehen und sehen, wem sie auf dem Weg begegnet. Eine ehemalige Mitbewohnerin aus Münchener Tagen lief ihr bereits über den Weg. Und auch den Schauspieler Burghart Klaußner, den sie von ihrer Arbeit beim Fernsehen kennt und der zur Zeit als Erzähler in Giorgio Battistellis Oper „Die Entdeckung der Langsamkeit“zu sehen ist, hat sie bereits per Zufall auf Bremens Straßen getroffen. Tout le monde, c'est une village. zott