■ Korruption wird zur Gretchenfrage für Parlamentarier
: Parlament ohne Schmierstoff

Die Mitgliedsstaaten der OECD haben sich in Paris darauf geeinigt, Korruption künftig international deutlich schwieriger zu machen. Firmen sollen sich Aufträge und gewinnbringende Entscheidungen in Zukunft nicht mehr so leicht kaufen können. Und wer bei einer Firma die Hand aufhält, muß nun mit Sanktionen rechnen. Dieser gemeinsame Kodex soll in den kommenden Jahren dann in das nationale Recht der OECD-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, daß der Bundestag sich dabei schwer tun wird.

Die Diplomaten in Paris haben sich gegen hinhaltenden deutschen Widerstand auch darauf verständigt, daß die Bestechung von Parlamentariern geächtet werden soll. Dabei geht es nicht um den Scheck mit der sechsstelligen Summe vor einer parlamentarischen Abstimmung. Es geht vielmehr um politische Interessenkollisionen, für die bezahlt wird. Volksvertreter hierzulande haben sich eine Reihe von bezahlten Tätigkeiten genehmigt, die andernorts tabu wären. Abgeordnete, die nebenher die Geschicke eines Wirtschaftsverbandes mitbestimmen, im Aufsichtsrat von Großkonzernen sitzen oder Kampagnen für Firmen entwickeln, sind in angelsächsischen Ländern verpönt. In Deutschland gehören sie zum Alltag.

Parlamentarier und Parlamentarierinnen sollen das ganze Volk vertreten. Das mag man für eine Fiktion halten, aber es gehört zu den notwendigen Lebenslügen des Parlamentarismus. Die logische Konsequenz dieses Anspruchs ist der Verzicht auf alle Ämter und Nebentätigkeiten, die auch nur den Anschein einer Interessenkollision erwecken könnten. Die politische Klasse in Bonn weiß um den negativen Eindruck, den die gängige Praxis heute schon im In- und Ausland hinterläßt.

Sie weiß es so gut, daß auf den Gängen des Bonner Parlaments schon mal die Geschichte von dem Abgeordneten kolportiert wird, der lieber auf sein Ministeramt als auf seine gutbezahlte Nebentätigkeit verzichtete. Für Minister sind als Staatsdiener solche Nebentätigkeiten nämlich tabu.

Die Einigung in Paris wird dafür sorgen, daß die Bonner Lobbyistenidylle künftig als das erkannt wird, was sie ist. Ein Makel für die Demokratie und ein Nachteil für das ganze Land – oder neudeutsch für den Standort. Welches Land, welches demokratisch gesinnte Wahlvolk mag sich schon eine Volksvertretung unter dem Generalverdacht der Korrumpierbarkeit leisten. Reform tut not, das zeigt die Einigung in Paris. Hermann-Josef Tenhagen