Halber Maulkorb

■ CDU-Abgeordneter darf Atom-Gegner nicht des Aufrufs zur Gewalt bezichtigen

Die Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg schreibt nicht nur am Zwischenlager Gorleben, sondern nun auch vor der Pressekammer des Hamburger Landgerichts Geschichte. Per Unterlassungserklärung verpflichtete sich gestern der Dannenberger CDU-Bundestagsabgeordnete Kurt-Dieter Grill, eine im Bonner Parlament aufgestellte Behauptung nicht zu wiederholen. Grill hatte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke bezichtigt, in einem Beitrag in der Zeitschrift „Anti-Atom-Aktuell" zu „Sabotage“und „Bandenbildung“gegen die Castor-Transporte aufgerufen zu haben. Doch Ehmke beteuerte: „Ich bin nicht der Autor.“

Zunächst zierte sich Grills Anwältin Gisela Wildt, diese Erklärung zu akzeptieren, da jegliches Einlenken, so die Direktive der Bonner CDU-Fraktion, „die Immunität in Frage stellt“. Doch Richter Dr. Neuschild drang auf Einsicht: „Wenn er nun mal nicht der Autor ist, sich dann hinter der Immunität zu verschanzen – das ist nicht schön.“Nach kurzem Anruf in Bonn durfte Wildt einlenken – das erste erfolgreiche Verfahren in 50 Jahren Bundestag. Denn laut Grundgesetz dürfen Abgeordnete „zu keiner Zeit“wegen Parlamentsreden belangt werden. Ausgenommen von dieser „Indemnitätsregelung“sind lediglich „verleumderische Beleidigungen".

Eine Schlappe wird hingegen die BI in einem Parallel-Verfahren kassieren: Grill hatte gegen die Ini dieselben Anschuldigungen in der Elbe-Jeetzel-Zeitung erhoben. Dies sei eine zulässige freie Meinungsäußerung, so Neuschild. „Es gibt keinen Grund, ihm das Maul zu stopfen, auch wenn er ein bißchen übertreibt.“Da die BI „verschiedene Formen des Widerstands“propagiere, billige sie auch indirekt „die Schiene, die da fehlt“. kva