Drugstore Cowboys

■ Boogie unterm Pony: Die einstigen Heroin-Rocker „Royal Trux“ im Logo

Früher wollten Jennifer Herrema und Neil Haggerty nicht viel vom Rest der Welt wissen. Sie trug den Pony so tief, dass gerade mal die Nasenspitze darunter hervorlugte, und er zog sich seine Pudelmützen bis über die Augen ins Gesicht. Das Junkie-Pärchen lebte lange Zeit in einer eigenen Welt, und deshalb hatte auch die Musik mit der Welt da draußen wenig zu tun. Die schon mal ins Unhörbare ragenden Soundscapes, die das Duo als Royal Trux unter Drogen auf zerbeulten Keyboards und noch viel stärker zerbeulten Gitarren schufen, waren von irrsinnigen Tempovariationen und Harmoniesprüngen geprägt. Inzwischen sind Herrema und Haggerty mehr oder weniger clean, ernähren sich von Kaffee und ZUigaretten. Ihr Intermezzo bei dem Tonträgerriesen Virgin, wo sie für genau ein Album zuhause waren, bevfor ein heller Productmanager erkannte, dass da doch nicht die neuen Rolling Stones gesignt worden waren, brachte ihnen eine hübsche Abfindung ein. So können sie heute, da sie wieder bei ihrem alten Label Drag City unter Vertrag stehen, relativ unbesorgt ihren Sonderstatus ausleben. Royal Trux sind die letzte große Junk-Band. Ihr kompromissloser Eklektizismus, der keinem Regelsystem unterworfen ist, erinnert an die großen Tage von Mahattans Downtown-Szene. Früher gingen dort alle auf den Müllhalden der Rockgeschichte spazieren, um zuhause in der Garage die unmöglichsten Rock-'n'- Roll-Hybride zusammenzulöten. Doch die guten alten Zeiten, in denen Trash noch eine Kunst war, sind längst vorbei.

Bleiben also noch Royal Trux, die im übrigen lediglich für ein, zwei Saisons im New Yorker East Village zuhause waren. Ansonsten lebte das Pärchen mal hier und mal da und heuerte bei Bedarf Schlagzeuger oder Bassisten an. Ihre Songs changieren dabei ungefähr in dem Maße, wie Herrema ihren Haarschnitt verändert hat. Der opulente Siebziger-Jahre-Pony ist geblieben, aber so gestutzt, dass man ihr in die Augen gucken kann. Royal Trux sind jetzt zugänglicher, auf den letzten beiden Alben gibt es mit „I'm Ready“ respektive „Yo Se!“ jeweils einen richtigen Hit. Aber ihre Musik schrauben sie immer noch wie früher zusammen. Ihr Boogie geht ab wie diese Karren, die vollkommen aus Schrottteilen zusammengesetzt sind. Kein Teil passt hier zum anderen, alles ist disfunktional und unpropotional. Es gibt keine Verhältnismäßigkeit, keine Mäßigung. Dass ihnen der Motor trotzdem niemals absäuft, darin leigt die große Leistung von Royal Trux. Christian Buß

Logo, 21 Uhr