„Das war uns zu teuer“

■ Wie es dazu kam, dass die Baudeputation nicht nach Cannes an die Côte d'Azur fährt, sondern stattdessen nach Duisburg und zum Centro in Oberhausen

Einmal in der Legislaturperiode darf eine Deputation der Bremer Bürgerschaft eine gemeinsame Reise unternehmen, 2.000 Mark Zuschuss wird dafür von der Bürgerschaft maximal gewährt. Wenn das Geld nicht abgerufen wird, verfällt es. Die Baudeputation war seit Jahren nicht weg – wohin fahren wir denn diesmal, war also die Frage.

Parlamentarier, die die Verwaltung kontrollieren sollen, müssen wissen, worum es geht. So fährt der Bremer Straßenbahn-Vorstand Georg Drechsler mit der Deputation nach Karlsruhe, wo er früher Vorbildliches bewirkt hat. Weiter soll es nach Strassburg gehen – dort darf die Straßenbahn sogar auf ICE-Strecken fahren – und nach Freiburg.

Und dann an die Côte d'Azur. Das war die Idee des CDU-Baupolitikers Helmut Pflugrath. Was gibt es in Südfrankreich im März außer zartem Frühlingswetter? Pflugrath wußte es: Dort gibt es die hochkarätige Internationale Immobilienmesse MIPIM, die man besuchen könnte. Die Bremer Investitions-Gesellschaft (BIG) hat dort regelmäßig einen Stand, zusammen mit den großen Bremer Bauunternehmern.

Aber was sollen die Deputierten dort? Die Messe sei „von Bremen nicht richtig ernst genommen worden“, erklärte die grüne Baupolitikerin Karin Krusche gegenüber der taz. Deswegen müssen die Baudeputierten hin? Bei der BIG hat diese Erklärung für langanhaltendes, sprachloses Kopfschütteln gesorgt.

Denn die MIPIM ist ein Stelldichein der ganz Großen der Branche. Die Bau-Unternehmer wollen unter sich sein, Schaulustige, Habenichtse oder irgendwelche Kommunal-Deputierte haben da nichts zu suchen. Sie werden mit Eintrittspreisen von ca. 2.000 Mark an der Tür abgeschreckt. Das ahnten die Bremer Bau-Deputierten nicht, als sie ihre großen Reisepläne vorbereiteten. Als dann durchsickerte, dass das teurer werden könnte, erkundigte sich der CDU-Politiker Pflugradt bei der BIG, ob die denn nicht den Eintritt übernehmen könne. Sie könne, kam das Signal zurück. Jeder, der einen Stand macht auf der MIPIM, kann eine gewisse Anzahl von Besuchern für etwa 600 Mark Eintritt mitbringen.

Aber dann stellte sich heraus, dass dieses Kontingent der BIG durch die Bauunternehmer längst ausgeschöpft ist. Für den dreistündigen Messe-Bummel pro Nase der 15-köpfigen Bremer Delegation 1.800 Mark Eintritt zu berappen – das war der BIG dann doch zu big.

Die Bausenatorin Christine Wischer, die als Vorsitzende der Deputation mitreisen will, war in einer besonderen Lage: Als Aufsichtsratsmitglied der BIG muss sie das Wohl des Unternehmens im Auge haben. Und sie kennt die Pingeligkeit des Rechnungshofes. „Eine Querfinanzierung stand niemals zur Debatte“, lässt Senatorin Wischer versichern. Jedenfalls für sie nicht: Mit einem Veto („Dann fahre ich nicht mit“) hat sie die Bemühungen um das BIG-Sponsering für die Volksvertreter beendet.

Die Deputierten hätten den Eintritt zur MIPIM also selbst bezahlen müssen. „Das war uns einfach zu teuer“, sagt Pflugrath in aller Offenheit. Damit war Südfrankreich als Reiseziel gestorben. „Wir bedauern das“, bemerkt die Grüne Karin Krusche. Die Reisepläne waren in einem Koalition und Opposition übergreifenden Konsens entwickelt worden. Aber was nicht geht, das geht nicht. „Es wird angestrebt, die in der Legislaturperiode pro Person zur Verfügung stehenden DM 2.000 nicht zu überschreiten“, steht in dem Beschluss der Deputation zu ihrer Reise.

Statt Cannes und Nizza steht nun der spektakuläre Bau des WDR in den alten Düsseldorfer Hafenrevieren auf dem Programm für die letzten zwei Tage der Reise, dazu die Internationale Bauausstellung Emscherpark und das Centro, also Duisburg und Oberhausen. K.W.