Blumiger Wahlkampf in Italien

Die Kampagne im Superwahljahr ist eröffnet. „Margeritenbündnis“ und „Sonnenblumenliste“ sollen dem Regierungslager Stimmen bringen. Doch ein Sieg wird schwer. Denn die Regierung hat Probleme, ihre Erfolge zum Wahlkampfthema zu machen

aus Rom MICHAEL BRAUN

Der italienische Wahlkampf tritt in seine heiße Phase. Noch ist das Datum der Parlamentswahlen offen – alternativ werden der 22. April oder der 6. Mai genannt –, doch beide Lager haben die Kampagne offiziell eröffnet und ihre Schlachtordnungen festgelegt.

Die Mitte-Links-Koalition, die mit dem bisherigen Bürgermeister Roms, Francesco Rutelli, als Spitzenkandidat antritt, nominierte gestern Justizminister Piero Fassino als Anwärter für das Amt des Vizepremiers. Der Workaholic, dem der Ruf großer Kompetenz vorauseilt und der der größten Regierungspartei, der aus der KPI hervorgegangenen Demokratischen Linken, angehört, soll die Wählerschaft auf der Linken mobilisieren. Rutelli dagegen obliegt es, in der Mitte Stimmen zu sammeln. Um ihm dieses Geschäft zu erleichtern, haben sich die vier kleinen Zentrumslisten der Koalition zum Kartell der „Margerite“ zusammengeschlossen. Ein weiterer Zusammenschluss wird im linken Segment der „Ölbaumkoalition“ erwartet: Sozialisten und Grüne (die je für um die 2 Prozent gut sind) werden wohl als „Sonnenblumenliste“ antreten.

Die Zersplitterung in acht einander befehdende Listen ist überwunden – auf dieses Signal setzt das Regierungsbündnis mit seinen Ausflügen in die Botanik. Auch mit einer weiteren Entscheidung zielt Rutellis Mannschaft darauf, die politische Initiative zu gewinnen. Gegen den Widerstand des Berlusconi-Blocks wollen die Parteien der Koalition den Italienern einen Superwahltag bescheren: einen „Election Day“, an dem nicht nur die beiden Häuser des Parlaments, sondern auch die Bürgermeister zahlreicher Städte gewählt werden, vorneweg die von Rom, Mailand, Turin und Neapel. Das Kalkül: Starke Kandidaturen in den Städten sollen einen Sogeffekt auf die nationalen Wahlen ausüben. So tritt Mitte-Links in Rom mit Walter Veltroni an, dem nationalen Parteivorsitzenden der Demokratischen Linken, während die Rechte den unbekannten Antonio Tajani nominiert hat, einen Politiker, der sich bisher durch Nibelungentreue zu Silvio Berlusconi profilierte.

Doch weiterhin wirken die Aktionen der Koalition wie das Pfeifen im Walde. Bezeichnend dafür ist die Diskussion über den „Election Day“. Berlusconis Rechte wollte die Kommunalwahlen zwei Wochen nach den Parlamentswahlen – in der Hoffnung, nach einem nationalen Triumph auch die Rathäuser zu erobern. Ebenso lassen sich die „starken“ Kandidaturen der Linken auch als Zeichen der Schwäche interpretieren: Es kündet nicht von Zuversicht, wenn ein nationaler Parteichef auf ein weiteres Parlamentsmandat verzichtet, um stattdessen als Bürgermeister Roms von vorn anzufangen.

Die meisten Umfragen geben dem euphorischen Berlusconi und dem skeptischen Veltroni Recht: Der Rechtsblock liegt stabil bei 52 Prozent, Mitte-Links kommt selbst unter Einrechnung der außerhalb der Koalition stehenden Kommunisten nicht über 40 bis 44 Prozent.

Zwar gibt sich Francesco Rutelli weiter siegessicher und wiederholt Tag für Tag, die „Aufholjagd“ zeige schon Resultate. Doch während Berlusconi allen Wählern alles verspricht – Renten rauf, Steuern runter, Vollbeschäftigung und neoliberalen Kahlschlag für die Unternehmer –, schafft es die Koalition nicht einmal, die realen Resultate ihrer Politik zum Wahlkampfthema zu machen: Nach dem Motto „wir tun Gutes, aber wir reden nicht drüber“ schaffte die Regierung am Jahresanfang die Rezeptzuzahlungen auf Medikamente ab, erhöhte die Renten und senkte die Steuern. Doch statt mit ihren Erfolgen hausieren zu gehen, diskutiert die Demokratische Linke lieber, wer nach den Wahlen als Fraktionsvorsitzender die Rolle des Oppositionsführers übernehmen soll.