Bilder zur Gewalt

„Wieder so eine Geschichte aus der Vergangenheit . . .“: Gegen das von „Bild“ falsch beschriftete Foto Trittins will das Umweltministerium klagen

BERLIN taz ■ Bild glaubte am Wochenende, einen guten Fund gemacht zu haben. „Was machte Minister Trittin auf dieser Gewalt-Demo?“, titelte die Zeitung am Montag auf Seite 2 unter dem Foto vom heutigen Umweltminister Jürgen Trittin mit vermummten Autonomen auf einer Demonstration 1994 in Göttingen. Und dann der Leadsatz: „Und wieder so eine Geschichte aus der Vergangenheit . . .“ Da werden Assoziationen geweckt zu den Fotos von Joschka Fischer, auf denen er einen Polizisten verprügelt.

Bei der Demonstration in Göttingen ging es um Protest gegen Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft in Büros von linken Gruppen. Aufgerufen hatten neben der „Autonomen Antifa M“ auch die Grünen, SPD und Teile der Gewerkschaften – 3.500 Menschen waren dabei. Zu Auseinandersetzungen kam es erst, als ein Teil der Demonstration von der genehmigten Route abwich. Mitglieder des Autonomen-Blocks, die sich von der Polizei provoziert fühlten (wozu freilich damals nicht viel gehörte), warfen mit Steinen und Flaschen, Polizisten wurden verletzt.

Dies hat freilich alles nicht viel mit Jürgen Trittin zu tun, der sich nicht an den Auseinandersetzungen beteiligte. Trittin gibt heute an, er habe damals die Absicht gehabt, zusammen mit anderen Grünen mäßigend wirken zu wollen. Ein von Grünen damals auch anderswo häufig praktiziertes Verhalten.

Das Umweltministerium prüfte gestern rechtliche Schritte gegen Bild wegen der Fotobeschriftung. Bereits in einem anderen Fall fordert Trittin eine Gegendarstellung von der Bild-Zeitung, die vergangene Woche geschrieben hatte, dass Trittin zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Mescalero-Briefes Mitglied im Asta Göttingen gewesen sei, der den Brief nachdruckte. Das bestreitet Trittin. Die FAZ, die dasselbe behauptet hatte, druckte gestern eine Richtigstellung auf Seite 4. Bild reagierte bislang nicht auf die Aufforderung des Umweltministers. Zu beiden Fällen wollte Bild-Chef Kai Diekmann gestern auch gegenüber der taz keine Stellung nehmen. Er schickte seinen Stellvertreter vor, der allerdings keine weiteren Auskünfte zur Entstehung des Fotos und der Bildunterschriften geben wollte, als dass es ein „Irrtum“ gewesen sei.

Stattdessen versuchte man bei Bild gestern an das gesamte Filmmaterial von Sat.1 zu gelangen, aus dem das Foto vom Montag herauskopiert ist – wohl in der Hoffnung, doch noch Waffen in der Nähe des Umweltministers zu entdecken.

MATTHIAS URBACH