In Zukunft: Däumchen drehen

■ Am Wochenende feiert der Neue-Musik-Veranstalter „Oh-Ton“ seinen 10. Geburtstag. Als Geschenk streicht Niedersachsen den Zuschuss

Eine der rührigsten und erfolgreichsten Initiativen in Sachen Neuer Musik im norddeutschen Raum ist Oldenburgs „Oh Ton“, wie sich sowohl der Veranstalter als auch das zeitgleich gegründete Instrumentalensemble nennen. Oh-Ton feiert am nächsten Wochenende sein zehnjähriges Jubiläum mit zahlreichen Konzerten und etwa genauso vielen Terminen, die sich den Durchführungs- und Finanzierungsmöglichkeiten von zeitgenössischer Musik beschäftigen. Da hält der Geschäftsführer des Deutschen Musikrates Detlev Müller-Hennig ein Referat, da kommt der Musikagent Dirk Lotze zu Wort, da gibt es eine Informationveranstaltung über Verwertungsrechte und Versicherungen, da findet eine Podiumsdiskussion statt.

Dieser Ansatz entspricht der labilen Situation von „Oh-Ton“, das seit seiner Gründung – wie auch vergleichbare Initiativen – immer wieder vom Aus bedroht ist. Denn die idealistischen Macher müssen sich fortwährend an der Quadratur des Kreises versuchen: die prekäre Finanzsituation immer wieder aufs Neue sichern und zudem die enorme organisatorische und künstlerische Arbeit auch noch zusätzlich selbst aufrecht erhalten.

Gegründet wurde „Oh-Ton“ von den Komponisten Eckart Beinke und Friedemann Schmidt-Mechau, die zweierlei im Blick hatten: die Organisation von Konzerten mit zeitgenössischer Musik – dies mit Workshops und öffentlichen Proben – und die Gründung eines norddeutschen Ensembles. Wichtig war ihnen von Anfang an neben der Präsentation von großen überregionalen KomponistInnen auch die Musik „aus der Region“. Und wichtig war und ist der Gang in die Schulen: So geht auch diesem Festival eine pädagogische Woche voran.

Oh-Ton hat sich durchgesetzt, hat sich vor allem durch das Ensemble einen Namen gemacht, auch wenn zwischenzeitlich zwei Eindrücke nicht ganz zu verdrängen waren: dass die Komponisten Beinke und Schmidt-Mechau sich ihr Konzertforum geschaffen haben und dass wegen der Unregel-mäßigkeit der Konzerte die Initiative irgendwie verschwunden ist. Das Erste ist verständlich, das Zweite unvermeidlich bei einer Mittelvergabe, die noch während der Konzerte nicht entschieden ist. „Bis jetzt wissen wir nicht, ob wir 10.000 Mark von der Stadt Oldenburg kriegen“, klagt erbittert Beinke. „Und wir haben nun, als kleines Dankeschön für zehn Jahre Oh-Ton, den Bescheid vom Land Niedersachsen, dass die 80.000 Mark Zuschuss, die wir in diesem Jahr komplett fürs Festival verwendet haben, ab nächstes Jahr nicht mehr gezahlt werden“. Die Perspektiven sind also im Jubiläumsjahr alles andere als rosig: „Wir werden bald nur noch Däumchen drehen. Der Geschäftsführer, den wir nun endlich aus EU-Mitteln ab April kriegen, kann dann Karteikärtchen sortieren“, sagt Beinke.

Immer haben auch Sponsoren geholfen, doch „es ist schwer, gegen die Konkurrenten Altersheime und Sportvereine anzukommen“. Zum fünfjährigen Jubiläum wurden große Kompositionsaufträge an Hans Joachim Hespos und Iannis Xenakis vergeben. Jetzt sieht das vielseitige Programm neben der theoretischen Präsentation unterschiedliche Akzente vor: Es gibt Freitag, 20.30 Uhr (Aula der Cäcilienschule) ein Uraufführungskonzert mit Werken, die alle dem Oh-Ton-Ensemble gewidmet sind; um 23 Uhr ist im PFL-Kulturzentrum ein MultiMediaTanzspiel von Jan-Peter E.R. Sonntag zu sehen; am Samstag um 14.30 gibt's in der Aula des Alten Gymnasiums ein Konzert mit dem „Schlagwerk Nordwest“ und dem Ensemble „Atelier Neue Musik“ der Hochschule für Künste Bremen. Und um 18 Uhr wird im neuen Hörsaalzentrum der Uni Oldenburg der große Festivalabend mit dem „Prime Orkestra“ aus Groningen und dem Ensemble „Proxima Centauri“ aus Bordeaux zu hören sein.

Sonntag schließlich werden um 15 Uhr in der Aula der Cäcilienschule das Duo „Neue Flötentöne“ und um 17 Uhr eine zweites Konzert des Oh-Ton-Ensembles zu hören sein. usl

Genauere Infos: Tel.: O441/776736, www.ohton.de . Am 16.2. überträgt Radio Bremen in seinem großen Musikabend „Neue Musik im Norden – Zehn Jahre Oh-Ton“.