Nett zu den Ärzten

Die neue SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will starre Arzneimittelbudgets und Regress abschaffen

BERLIN taz ■ Für Ärzte dürfte in diesen Tagen eine frohe Zeit anbrechen. Kaum dass ihre Standesorganisationen mit der neuen Gesundheitsministerin zusammengekommen sind, gibt Ulla Schmidt (SPD) eine heftige Kursänderung in der Gesundheitspolitik bekannt. In Zukunft, so Schmidt, soll das starre Arzneibudget wegfallen.

Diese Ausgabenreglementierung hatte die zurückgetretene Gesundheitsministerin Andrea Fischer zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Gesundheitsreform gemacht. Theoretisch können Ärzte, wenn sie das Budget überschreiten, kollektiv in Regress genommen werden. Diese Möglichkeit des Staates hatte die Ärzte in den vergangenen Monaten immer wieder in Rage gebracht. Sie riefen zu Protestmärschen auf und drohten Patienten damit, die Versorgung mit Medikamenten einzuschränken. Die neue Gesundheitsministerin hat verstanden: Ulla Schmidt versprach gestern vor Journalisten in Berlin, auch den Kollektivregress abzuschaffen, „weil er das psychologische Klima nicht gerade fördert“.

Schmidt will ein neues Instrument ausprobieren, mit dem die Kosten in Schach gehalten werden sollen. Jeder Praxis soll eine Richtgröße verordnet werden. Konkreter wollte sie nicht werden. Ihr sei allerdings wichtig, dass die ärztlichen Selbstverwaltungsorganisationen wie etwa die Kassenärztlichen Vereinigungungen darüber wachten, sagte sie. Bis zum Beginn des Bundestagswahlkampfes in gut einem halben Jahr will Ulla Schmidt eine Klimaveränderung aller miteinander streitenden Kontrahenten in der Gesundheitspolitik hinbekommen. Beruhigende Wirkung verspricht sie sich von Runden Tischen. Pharmaindustrie, Krankenkassen, Ärzte und politische Opposition sollen gemeinsam Vorstellungen darüber entwickeln, wie das System erhalten werden könne. Mit Seitenhieben auf ihre Vorgängerin sparte sie gestern nicht. Es sei wichtig, „verlorenes Vertrauen wiederherzustellen“.

ANNETTE ROGALLA