fundgrube
: Motz & Consorten

Mittwochs fahren sie mit dem Lkw durch Berlin und holen die Ware: Polstergarnituren, Couchtische, Stehlampen. Die Männer laden alles außer den Schrankwänden ein. Moderne Einpersonenhaushalte hätten für derartig stabile Einrichtungsvorstellungen heutzutage keinen Platz mehr, meint der Möbelexperte Peter. Andere Möbelmodelle bringen jedoch beim Weiterverkaufen durchaus noch Geld. Peter und seine Kollegen von „Motz & Consorten“ packen alles zusammen, was die alten Besitzer nicht mehr haben wollen: Klappstühle, Spiegelkonsolen und Barhocker.

Dieser Entrümpelungs-Service ist praktisch und billig. Den Möbelanbieter kostet es nur einen Anruf. Motz & Consorten können dagegen mit jedem Auftrag das Angebot ihres Trödelkaufhauses um neue Objekte erweitern. So werden beide Seiten froh. Und die Welt sieht wieder freundlicher aus. Das Second-Hand-Möbelkaufhaus ist denn auch ein sympathisches Universum unterschiedlichster Gebrauchsgegenstände. Im Keller warten sperrige Bettkästen neben lasierten Kiefernholzregalen. Im 4. Stock hängen grüne Lampenschirme neben orangen Deckenflutern, vorne steht ein geblümtes Kaffeeservice, hinten liegen die 70er-Jahre-LPs. Irgendwo sammelt sich auch eine Bügeleisen-Kollektion, während man selbst sich fragt, wem wohl der grüne Nachttisch gehörte. Die Preise sind niedrig. Ein ungetragenes blaues Paar Turnschuhe kostet drei Mark.

Nebenbei ist das schöne Trödelkaufhaus ein ehrenwertes Selbsthilfeprojekt. Hier arbeiten „Gestrauchelte“, erklärt Peter. Manche Möbelpacker und Verkäufer sind obdachlos, viele übernachten in Notunterkünften, andere haben vorübergehend eine Sozialwohnung. Der Verein Motz und Consorten bietet ihnen nicht nur ein Betätigungsfeld in der Einrichtungsbranche. In der Kreuzberger Fabriketage befinden sich auch die Redaktionsräume der Obdachlosenzeitung Motz. Finanzielle Unterstützung erhält Motz & Consorten nicht. „Dann kann uns auch keiner dazwischenquatschen“, findet Peter.

KIRSTEN KÜPPERS

Zossener Str. 56–58, Aufgang D, Mo bis Fr, 12 bis 19 Uhr