EHUD BARAK KANDIDIERT WEITER, OBWOHL ER KEINE CHANCE HAT
: Israel vor dem Machtwechsel

Dass Ehud Barak sein Versprechen, „bis zum Ende zu gehen“, einlösen würde, überrascht nicht. Der Ex-Stabschef ist ein Kämpfer, und als solcher dreht er dem Feind auch in aussichtslos erscheinenden Situationen nicht den Rücken zu. Eher schon ließe man sich von einem Kameraden aus der Patsche helfen, selbst wenn man damit den eigenen Orden riskiert. Barak hat stets alles auf eine Karte gesetzt. Wenn am kommenden Dienstag Ariel Scharon von ihm die Führung des Staates Israel übernimmt, geht er nicht zum ersten Mal als Verlierer vom Feld.

Wäre es nach Schimon Peres gegangen, so hätte der alternde Friedenspolitiker nichts dagegen gehabt, von Barak noch einmal ins Rennen um das hohe Regierungsamt geschickt zu werden. Der „ewige Zweite“ lässt sich ungern der Tatsache belehren, dass er für die Mehrheit der Israelis schlicht nicht wählbar ist, schon gar nicht in Krisenzeiten. Der in seiner Partei als „Intrigant“ verrufene Peres hat ein doppeltes Spiel gespielt. Während er offiziell Barak stützte, mit dem er als „ein gemeinsames Team“ den Kampf gegen den Likud aufnehmen wollte, arbeiteten seine Anhänger am Sturz Baraks. Sie argumentierten mit Baraks schlechten Umfrageergebnissen, die die Realität jedoch nur bedingt spiegelten. Solange Peres fiktiver Kandidat war, konnte er die Stimmen der Unzufriedenen noch locken – eine Gefahr für Scharon wäre er im Ernstfall sicher nicht geworden.

Für Peres ist es letztendlich günstiger, wenn Barak als Verlierer der Wahlen früher oder später sein Parteiamt abgeben muss. Bis zu parteiinternen Abstimmungen wäre er der natürliche Nachfolger als Vorsitzender und könnte als solcher eine Koalition mit Scharon eingehen. Der Likud-Politiker lockt die Arbeitspartei mit zwei hohen Ministerposten. Vorläufig leugnet Peres vehement, dass er das Angebot, in einer großen Koalition Außenminister zu werden, überhaupt in Erwägung zieht. Schließlich könnte ein Zusammengehen mit Scharon durchaus zum Auseinanderbrechen der Partei führen. Andererseits: Wenn es „um den Frieden geht“, sind dem alten Sozialisten bisher noch immer fast alle Mittel recht gewesen. SUSANNE KNAUL