Zockerkapital ist Grund zur Sorge

Bundesbank fürchtet, Risikofonds könnten die internationalen Finanzmärkte ruinieren. Denn seit der Asienkrise ist der hochspekulative Kapitaleinsatz wieder in Mode gekommen: Letztes Jahr flossen 7,3 Milliarden Dollar in Hedge-Fonds

von HERMANNUS PFEIFFER

Riskante Geldgeschäfte, so genannte Hedge-Fonds, können die internationalen Finanzmärkte ruinieren. Diese Sorge äußert die Deutsche Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht. Sie warnt vor dem Zusammenbruch hochspekulativer Hedge-Fonds. Ein Crash würde die dahinter stehenden Banken in Schwierigkeiten bringen. „Die Folge könnten Erschütterungen im Weltfinanzsystem als Ganzes sein“, schreiben die Zentralbanker. Die Bundesbank hat Grund zur Sorge: Zwei Drittel aller Fonds arbeiten mit solchen Darlehen. Tendenz: zunehmend.

Der Begriff „Hedge-Fonds“ klingt solide und sicher (engl.: Rückversicherungsfonds). In Wahrheit sind diese besonderen Investmentfonds eine hochbrisante Geldanlage: Hedge-Fonds investieren per Termingeschäft, Option oder ein anderes Derivat in alles, was schnell viel Geld verspricht, seien es Neue-Markt-Aktien, Rubel oder afrikanisches Öl. Weltweit sind mindestens 300 Milliarden US-Dollar in Hedge-Fonds investiert worden, schätzt die Schweizer Bank von Ernst.

Ihren rasanten Aufstieg verdanken die Hedge-Fonds fehlender Kontrolle. Anders als normale Investmentfonds unterliegen sie kaum oder gar nicht der staatlichen Regulierung. Hedge-Fonds spekulieren mit nicht nur mit dem Geld ihrer Anleger, sondern obendrein mit Bankkrediten, die eigens dafür aufgenommen werden. Die Deutsche Bundesbank hält daher einen „weit gestreuten Dominoeffekt“ für möglich: „Störungen können eine systemweite Krise auslösen oder verstärken“, befürchten die Zentralbanker. Und auch viele private und institutionelle Anleger, die Geld in einem Hedge-Fonds anlegen, finanzieren ihre Fondsanteile mittels Kredit. Platzt ein solcher Hedge-Fonds, platzen auch die dahinter liegenden Kreditgeschäfte.

In Verruf gerieten die Zockerfonds im September 1998, mit Beginn der Finankrise. Damals ging der Star der Hedging-Szene, der Fonds „Long Term Capital Management“ ( LTCM) Bankrott. Den Megafonds retteten dessen Eigentümer und 15 amerikanische und europäische Banken, die sage und schreibe sieben Milliarden Mark zuschossen. Beteiligt an diesen Verlusten war mit 500 Millionen Mark auch die Deutsche Bank.

Deren Risikofreude erlebt derzeit eine Renaissance: „Der deutsche Markt ist reif für Hedge-Fonds“, hieß es kürzlich in einer Pressemitteilung der Bank, die die Besorgnis der Bundesbank nicht teilt. Grund für diesen Optimismus ist ein überraschender Platzierungserfolg im vergangenen Jahr: Rund 3,5 Milliarden Mark investierten private Anleger in das „Xavex Hedge Select Zertifikat“, einen Hedge-Fonds, der in 50 internationale Hedge-Fonds investiert. Inzwischen wird er an der Frankfurter Börse gehandelt. „Der Erfolg beruht auf einer Marktentwicklung: Nach einer Zeit hoher Renditen am Aktienmarkt sind nun für den Anleger Alternativen gefragt“, meint der zuständige Vorstand der Deutschen Bank, Bernd von Maltzan.

Andere Banken hoffen dieses Jahr auf ähnliche Verkaufserfolge für ihre riskanten Wetten. Nach einer Studie des Londoner Forschungsinstituts Allenbridge wurden seit dem Ende der Finanzkrise über 100 neue Hedge-Fonds aufgelegt – ein Zuwachs von 35 Prozent. In diesem Jahr dürften weitere 140 hinzukommen, heißt es im Branchenbrief Euro-Hedge. Schon letztes Jahr fanden die Anleger wieder Geschmack am Gewinn versprechenden Nervenkitzel: 7,3 Milliarden Dollar flossen in die neuen Fonds, mehr als doppelt so viel wie 1999. Seit kurzem dürfen auch die Mittelreichen mitzocken: Galt bislang 1 Million Dollar als Mindesteinsatz, sind Kleinanleger jetzt schon mit 20.000 Dollar dabei.