Kühe dürfen ins Gras beißen

Neues Naturschutzgesetz verlangt in der Landwirtschaft ein „ausgewogenes Verhältnis“ zwischen Nutztierhaltung und Pflanzenbau. Verbände erhalten bei Eingriffen in die Natur ein Klagerecht. Ein Zehntel Deutschlands soll zum Biotop werden

BERLIN taz ■ Landwirte müssen sich künftig stärker am Naturschutz orientieren. Das sieht die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes vor, deren Entwurf Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gestern vorstellte. Demnach soll die Zahl der Nutztiere künftig in einem „ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau“ gehalten werden. Dadurch sollen Tiere aus den Erträgen der Höfe ernährt werden – der Zukauf von Futtermitteln kann entfallen. Außerdem ist es Bauern nicht mehr erlaubt, in Flussauen oder an Hängen mit empfindlichen Böden neue Ackerflächen aufzureißen. Was Landwirten künftig noch gestattet ist und was nicht, soll durch eine wenn auch allgemein gehaltene „gute fachliche Praxis“ im Naturschutzgesetz in sechs Punkten festgelegt werden.

Der Präsident des Naturschutzbundes (Nabu), Jochen Flasbarth, sprach im taz-Interview von einer „eindeutigen Verbesserung gegenüber bestehendem Recht“. Dennoch sei Trittin „zu kurz gesprungen“: Die Regelungen, die die Landwirtschaft naturnäher gestalten sollten, seien noch „sehr allgemein“. Flasbarth forderte Nachbesserungen von der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren. Die „veränderten Bedingungen“ unter der BSE-Krise seien zu wenig berücksichtigt worden.

Mit der Novelle wird die Bundesregierung außerdem ein Verbandsklagerecht gegen Eingriffe in die Natur einführen. Die Bundesländer werden verpflichtet, auf zehn Prozent ihrer Landesfläche ein Verbundsystem (Biotopverbund) von Schutzgebieten einzurichten. Diese Fläche müsste nicht unter totalem Schutz stehen, aber die Naturschutzgebiete so verknüpfen, dass sich Tiere und Pflanzen über größere Entfernungen ausbreiten können.

Auch die Interessen von Sportlern und Urlaubern würden stärker berücksichtigt, erklärte Trittin: „Wir wollen keine Naturmuseen einrichten und die Menschen auch nicht ausperren.“

Im März soll der Gesetzentwurf in die öffentliche Anhörung mit den Verbänden gehen. Bis zur Sommerpause will die Regierung die Novelle in den Bundestag einbringen. M. URBACH

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