Kein Bafög für Spätberufene

Die Internationalisierung deutscher Studiengänge diskriminiert ältere Studierende. Nach dem Bachelor gibt es keinen generellen Anspruch auf Ausbildungsförderung

BERLIN taz ■ Die Sektlaune war Christian Lauer schnell vergangen. Kürzlich erst hatte der Student auf seinen „Bachelor of Science“ mit dem Rektor der Uni Duisburg angestoßen – zusammen mit den strahlenden Absolventen des neuen Studiengangs „Wasser: Chemie, Analytik, Mikrobiologie“. Im November dann die Ernüchterung: Für die Fortsetzung seines Studiums zum Masterabschluss bekommt Christian Lauer vom Bafög-Amt keinen Cent. Begründung: Mit 34 Jahren gibt’s kein Bafög mehr.

Nicht nur für Lauer ist diese Nachricht ein Schock. Die in ganz Europa eingeleitete Umstellung auf zweistufige Bachelor-Masterstudiengänge diskriminiert in Deutschland ältere Studierende. Anders als Vordiplom oder Zwischenprüfung ist der Bachelor ein echter berufsqualifizierender Abschluss. Das heißt: Alles was danach gefördert werden soll, wird genau beäugt. Und wer zwischendrin 30 wird, hat ohnehin Pech. Nach den Bafög-Regeln für Diplom oder Magister wäre das kein Problem gewesen, da hätte Lauer einfach fertig studiert – mit rund 600 Euro Bafög-Stütze pro Monat.

Im Bundesbildungsministerium wiegelt man ab. Jedes Master-Studium werde per Bafög bezuschusst – sofern „der Master auf einen Bachelorstudiengang aufbaut“. Noch nicht einmal müsse „ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Bachelor und Master bestehen“, versichert eine Sprecherin von Ministerin Edelgard Bulmahn (SPD). Will sagen: das Erfolgsmodell Bafög ist nicht gefährdet.

Die Wahrheit ist eine andere. Überall in den Bafög-Ämtern gibt es abgelehnte Anträge für den Master. Und an den Unis grassiert Unsicherheit: Was ist denn ein für die berufliche Qualifizierung sinnvoller Masteranschluss an den Bachelor, der laut Gesetz förderungswürdig ist?

Hamburgs Uni warnt Studenten seiner „integrierten Bachelorstudiengänge“ ausdrücklich, dass kein Anschlussstudium gefördert werde. Für Andreas Brickwell, Abteilungsleiter beim Berliner Studentenwerk, ist die Förderung des Master-Studiums ohnehin eine Ausnahme. Und Sabine Dahlke, Bafög-Chefin in Frankfurt am Main, meint: Bachelor und Master seien nun mal für junge Studis gedacht, die schnell zum Ende kommen.

Ein Leitbild des Studiums, unter dem Christian Lauer leidet. Er hatte Vermessungstechnik gelernt, gearbeitet – und entschied sich mit 27, das Abi nachzuholen. Im Zeitalter des demografischen Wandels gehört Spätstartern wie Lauer die Zukunft. Nicht so in der deutschen Wissensgesellschaft.

„Das passt politisch nicht ins Bild“, sagt der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde. „Wenn wir die Begabungsreserven des Landes künftig voll ausschöpfen müssen, dann dürfen wir den Hochschulzugang für ältere Studierwillige nicht durch mangelnde Studienfinanzierung verschließen.“ Die Bafög-Hürde für Masterstudiengänge diskriminiere Studienanfänger in den Endzwanzigern, sagt Meyer auf der Heyde. „Denn die bekommen nur noch den Studienabschluss zweiter Klasse.“

Der Studentendachverband fzs sieht die Situation noch kritischer. Durch die schwammige Formulierung des Ausbildungsförderungsgesetzes droht auch Studenten unter 30, dass sie für einen Master kein Bafög kriegen. Für Nele Hirsch, Sprecherin des fzs, ein klarer Beleg, dass „der Bachelor mit Gewalt zum Regelabschluss gemacht werden soll – obwohl er ein billiges Schmalspurstudium ist“. Hirsch fordert daher: Bafög muss es prinzipiell bis zum Masterabschluss geben. Auch für Christian Lauer.

DANIEL ZWICK, CHRISTIAN FÜLLER