Ein früher Mahner wird rehabilitiert

Schon vor Jahren hat Smith Tumsaroch auf das Tsunami-Risiko in Thailand hingewiesen. Niemand wollte damals auf ihn hören. Nun ist er zum Chefmeteorologen ernannt worden und soll einen nationalen Katastrophenalarm aufbauen

Als Smith vor sieben Jahre vom Flutrisiko an der thailändischen Ostküste sprach, hielten ihn Politiker nur für „verrückt“

BANGKOK taz ■ Der Neue ist der Alte an der Spitze des Meteorologischen Dienstes von Thailand. Weil es die Behörde versäumt hatte, am 26. Dezember 2004 eine Flutwellenwarnung zu veröffentlichen, hat Premier Thaksin Shinawatra ihren bisherigen Leiter, Suparerk Tansriratanawong, gefeuert, einen anderen an seine Stelle gesetzt und ihn beauftragt, ein nationales Tsunami-Alarmsystem auszuarbeiten: Smith Tumsaroch. Das Pikante daran: Smith Tumsaroch war einst selbst Leiter des Meteorologischen Dienstes.

Schon vor sieben Jahren hatte er vor einem Tsunami-Risiko an der Südwestküste Thailands gewarnt. Ihm wurde daraufhin vorgeworfen, Touristen und Investoren zu verschrecken, führende Provinzbeamte bezeichneten ihn schlicht als „verrückt“. „Ich hatte die Möglichkeit eines Erdbebens und eines Tsunamis in der Bucht von Bengalen, der Andamanensee und rund um Sarawak vorhergesagt“, sagte er kürzlich vor Journalisten. Gleichzeitig habe er schon damals ein Frühwarnsystem für Phuket, Phang Nga und Krabi vorgeschlagen, also jene drei Provinzen, die jetzt am schwersten von der Flutwelle verwüstet worden sind. Smith war daraufhin auf einen unwichtigen Posten versetzt worden.

Jetzt hat Premier Thaksin Smith zurückgeholt. Das Warnsystem, das dieser im Auftrag der Regierung nun für ganz Thailand entwickeln soll, soll auch Katastrophenfälle wie Stürme oder drohende Überschwemmungen im Inland anzeigen.

Als er an jenem Morgen des 26. Dezember die Erdstöße in Phuket gespürt habe, so Smith, habe er vergeblich versucht, seinen Nachfolger zur erreichen. Andere Leitungen des Meteorologischen Büros waren blockiert. Für eine Warnung wäre seiner Ansicht nach genug Zeit gewesen: „Selbst eine halbe Stunde hätte genügt.“ Mindestens zehn Prozent der Menschen, wenn nicht gar 50 Prozent, hätten gerettet werden können, wenn es entsprechende Warnungen gegeben hätte.

Unterdessen häufen sich die Fragen, warum die zuständige Behörde geschwiegen hat, obwohl sie bereits über das Seebeben vor der Küste Sumatras informiert gewesen sein soll. Kritiker sind der Auffassung, dass die Mitarbeiter aus Angst vor politischem Druck den Mund hielten. Man fürchtete offensichtlich um Thailands Ruf als internationales Touristenparadies. Ein Fall aus dem Jahr 2002, erzählt von einem Leserbriefschreiber in der thailändischen Zeitung The Nation, spricht dafür. Damals habe es bereits ein Beben von geringerer Stärke in der Region gegeben, berichtet der ehemalige Polizeioffizier Anantachai Hansasuta. Der meteorologische Dienst habe daraufhin eine Warnung vor potenziellen Flutwellen herausgegeben – die dann jedoch ausblieben. Thaksin solle daraufhin wütend reagiert und den Meteorologen vorgehalten haben, die Tourismusbranche unnötig aufgeschreckt zu haben.

Mit der Ernennung des einst geschmähten Smith Tumsaroch zum persönlichen Berater Thaksins für den Bereich Katastrophenschutz sind die Regierung und ihr Premier offenbar um Schadensbegrenzung bemüht. Schließlich wollen sie die Wahlen am 6. Februar gewinnen.

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