Unschöne Aussichten

DAK-Gesundheitsreport: Krankenstand nimmt ab, aber psychische Erkrankungen nehmen „dramatisch“ zu

bremen taz ■ „Dramatisch“ sei der Anstieg psychischer Krankheiten, das verkündete gestern die Deutsche Angestellten-Krankenkasse, als sie ihren diesjährigen Gesundheitsreport vorstellte. Insgesamt ist ein Rückgang des Krankenstands zu vermelden: Von 1.000 DAK-versicherten Arbeitnehmern in Bremen waren an jedem Tag des vergangenen Jahres 32 Menschen krank geschrieben; das sind zwei weniger als im Jahr zuvor. Dieser Stand von 3,2 Prozent entspricht dabei exakt dem bundesweiten Niveau. Gründe für den Rückgang seien unter anderem die Angst vor Jobverlust, aber auch die Tatsache, dass Menschen infolge der Praxisgebühr weniger zum Arzt gingen, so Irina Bauer von der DAK.

Besonders häufig sind in Bremen wie in allen Bundesländern Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, gefolgt von denen des Atemsystems. Auf Platz 3 in Bremen kommen psychische Erkrankungen – im Bundesschnitt stehen diese nach erst an vierter Stelle nach Verletzungen.

Die häufigsten psychischen Erkrankungen sind Angststörungen und Depressionen, hier hat Bremen 2004 eine Zunahme von 27 und von 42 Prozent zu verzeichnen. Gerade bei den Jüngeren haben psychische Erkrankungen seit 1997 um bis zu 123 Prozent zugenommen. Am längsten sind Männer zwischen 55 und 59 Jahren krank, im Schnitt 40 Tage (Frauen: 21 Tage). Frauen erkranken allerdings insgesamt etwas häufiger an Angststörungen oder Depressionen.

Von den genannten Erkrankung sind besonders der öffentliche Dienst, Banken und Versicherungen sowie das Gesundheitswesen betroffen. Der öffentliche Dienst ist auch Spitzenreiter, was die Erkrankungsdichte insgesamt angeht. „Ich breche aber eine Lanze für die öffentliche Verwaltung“, so Judith Berger vom Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung, das die Untersuchung für die DAK gemacht hat. So seien im öffentlichen Dienst mehr Schwerbehinderte als in anderen Bereichen beschäftigt, außerdem „ist die öffentliche Verwaltung ein Arbeitgeber, wo Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen noch arbeiten können“, so Berger, während in anderen Branchen enormer Druck herrsche. Am niedrigsten sind die Krankenstände unter anderem in Firmen der Datenverarbeitung. Warum der öffentliche Dienst auch bei psychischen Erkrankungen Vorreiter ist, dafür haben Berger und die DAK keine Erklärung.

Zwei Schlüsse ziehen die Fachleute aus ihren Zahlen: Zum einen nehmen psychische Erkrankungen zu. Aber sie werden auch häufiger entdeckt, es herrscht mehr Akzeptanz und ein größeres Bewusstsein für den Krankheitswert von Angst und Depressionen.

Als Gründe für die Zunahme gelten Arbeitsverdichtung, die Anforderung hoher Flexibilität, geringe Möglichkeiten der Einflussnahme und große Unsicherheit bezüglich des eigenen Arbeitsplatzes. Die Aussichten sind unschön: „Waren die drei größten Leiden der Menschheit 1990 noch Lungenentzündung, Durchfallerkrankungen und Kindstod“, schrieb die Weltgesundheitsorganisation WHO im Jahr 1998, „wird die Reihenfolge im Jahr 2020 so lauten: Herzinfarkt, Depression, Angststörungen und Verkehrsunfälle.“ sgi