Das meiste Geld ist für das Militär

BERLIN taz ■ Einer der Einwände derjenigen, die gegen die Entsendung von Tornados stimmten, lautet: Der Einsatz ist zu teuer. Er steht in keinem Verhältnis zu den Mitteln, die in den zivilen Wiederaufbau fließen. Wie sollen wir so glaubhaft machen, dass für uns der zivile Wiederaufbau im Vordergrund steht und nicht die militärische Beteiligung?

Der Einsatz von sechs Tornados plus etwa 500 Soldaten der Luftwaffe kostet bis Oktober – dann steht die Verlängerung zur Debatte – 35 Millionen Euro. Die Ausgaben für die Stationierung der 2.900 Bundeswehrsoldaten im Rahmen der Nato-Schutztruppe Isaf belaufen sich auf 450 Millionen Euro.

Dem gegenüber standen bisher jährlich 80 Millionen Euro für den zivilen Aufbau, in diesem Jahr sollen es erstmals 100 Millionen Euro sein. Der überwiegende Teil stammt aus dem Entwicklungsministerium. Mit 12 Millionen finanziert das Innenministerium die Polizeiausbildung im Norden Afghanistan. Das Auswärtige Amt hat seit 2002 über 32 Millionen Euro für Projekte humanitärer Hilfe zur Verfügung gestellt. 2006 waren es 3,6 Millionen Euro. Aus dem Verteidigungsministerium flossen seit 2002 nach Angaben einer Sprecherin 4 Millionen Euro in 630 Projekte. Hinzu kommen ein Schuldenerlass der Bundesregierung in Höhe von 34,4 Millionen Euro sowie Beiträge über multilaterale Geber von 20 Millionen Euro jährlich. Die EU – in der Deutschland größter Beitragszahler ist – bringt pro Jahr 600 Millionen Euro jährlich für Afghanistan auf. Von den Mitteln aus dem Entwicklungsministerium fließen jährlich rund 20 Millionen Euro an die Wiederaufbaufonds der afghanischen Regierung. Die übrigen Gelder sind für den Bau von Straßen, die Errichtung von Schulen und die Sicherung der Trinkwasserversorgung bestimmt.

Der unter der Federführung des Innenministeriums stehende Einsatz von 40 deutschen Polizeibeamten zur Ausbildung der einheimischen Polizei in Afghanistan hat bisher etwa 70 Millionen Euro gekostet – „die Summe, die der Tornadoeinsatz in einem einzigen Jahr verschlingt“, kritisieren Gegner des Einsatzes wie der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei. Das Verhältnis 450 Millionen Euro Militärausgaben zu 100 bis 120 Millionen Euro für den zivilen Aufbau sei „nicht hinnehmbar“. Deutschland solle sich ein Beispiel an Kanada nehmen: Das Land hat seine Hilfezusagen auf einen Schlag um 200 Millionen Dollar erhöht.

Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) verteidigte den Beitrag ihres Hauses gestern der taz gegenüber: Deutschland sei immerhin der viertgrößte Geber in der Staatengemeinschaft. KATHARINA KOUFEN