piwik no script img

P O R T R A I T Kriegsverbrecher im Priestergewand

■ Walter Kutschmann alias Olmo ist gestorben

Berlin (taz) - Am Samstag ist in einem Krankenhaus von Buenos Aires ein Mann gestorben, den die bundesdeutschen wie die argentinischen Behörden für den Kriegsverbrecher Walter Kutschmann halten. Im vergangenen November war er auf Ersuchen der Bundesregierung festgenommen und im März dann aufgrund von Herzbeschwerden aus dem Gefängnis ins Krankenhaus verlegt worden. Walter Kutschmann war von Juli 1941 bis Frühjahr 1942 Leiter der Abteilung IV ( Gestapo) der Sicherheitspolizei in Drohobyc (Galizien), danach SS–Obersturmführer im polnischen Lemberg, wo er für die Ermordung von mindestens 1.500 Juden verantwortlich gewesen sein soll. 1944 wurde Kutschmann von der Ostfront nach Frankreich verlegt und flüchtete noch vor Kriegsende ins franquistische Spanien. Dort beteiligte er sich an der Organisation „Odessa“, die hohe Nazis aus dem zusammenbrechenden Dritten Reich herausschleuste. 1947 setzte sich Kutschmann nach Argentinien ab, wo er unter dem Namen Pedro Ricardo Olmo lebte. Seine neuen Lebensdaten entsprachen denjenigen eines spanischen Priesters des Karmeliterordens, der 1906 in Ciudad Real geboren wurde. Bereits 1975 hatte Wiesenthal den „Spanier Pedro Olmo“ in Buenos Aires aufgespürt und dessen Identität mit Walter Kutschmann behauptet. Aber erst zu Beginn dieses Monats hat die Staatsanwaltschaft in Buenos Aires ein Verfahren eröffnet, um „Pedro Olmo“ die argentinische Staatsbürgerschaft abzusprechen, und so eine Auslieferung in die Bundesrepublik, der ein Haftbefehl des Amtsgerichts Berlin–Tiergarten zugrundeliegt, zu ermöglichen. Voraussetzung für dieses Verfahren war wiederum, daß der 1969 ausgestellte Totenschein des spanischen Priesters, unter dessen Namen Kutschmann in Argentinien lebte, der argentinischen Justiz präsentiert wurde. Damit wäre der Beweis erbracht worden, daß sich Kutschmann 1950 die argentinische Staatsbürgerschaft unter Angabe falscher Daten erschlichen hatte. Der Totenschein liegt den deutschen Behörden vor. Aus Spanien wurden der argentinischen Justiz bereits Kutschmanns Geburtsurkunde, sein Trauschein sowie seinen Aufnahmeantrag in die SS und zahlreiche Fotos zugeschickt. Die Auslieferung des nun verstorbenen mutmaßlichen Kriegsverbrechers wurde frühestens für Oktober erwartet. thos

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen