FAO sieht schwarz für Afrikas Zukunft

■ UN–Organisation für Landwirtschaft und Ernährung will immer größere Abhängigkeit des Kontinents von Getreideimporten bremsen

Von Ulli Kulke

Nur noch vier Länder des traditionellen Agrarexport–Kontinents Afrika werden im Jahre 2010 noch landwirtschaftliche Produkte ausführen können - wenn die derzeitige Entwicklung anhält. Weniger als die Hälfte der benötigten Nahrungsmittel würden dann noch selbst produziert werden. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die die Landwirtschafts– und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) für ihre derzeit laufende Afrika–Regionalkonferenz in Ymoussoukro (Elfenbeinküste) erstellt und jetzt veröffentlicht hat: „Die Landwirtschaft Afrikas in den nächsten 25 Jahren“. Die Berechnungen ergeben, daß Afrika dann 100 Millionen Tonnen Getreide importieren müsste, was schlicht nicht finanzierbar wäre. Die FAO führt eine solche Perspektive weniger auf fatale Konsequenzen des Nord–Süd– Handels zurück als auf gravierende Fehler und Versäumnisse der afrikanischen Länder selbst. So bestünden bedeutende Unterschiede in der landwirtschaftlichen Produktivität der einzelnen Länder. Zimbabwe ernte z. B. 5 Tonnen Mais pro Hektar auf einem Ackerboden, der durchaus mit Teilen der Sahelzone vergleichbar sei, wo die Erträge selten mehr als 1 Tonne betragen, wenn überhaupt etwas angebaut wird. Die unproduktiv bewirt schafteten Regionen West– und Zentralafrikas wiesen keine anderen klimatischen Bedingungen auf als die Elfenbeinküste, die in den Hektarerträgen bei Kakao und Palmöl Weltspitze sei. Als Ursachen führt die FAO– Studie Vernachlässigung der Landwirtschaft zugunsten der städtischen Entwicklung ( die auch zur rapiden Landflucht führe), die Bevölkerungswachstumsraten, sowie eine Verknappung des landwirtschaftlichen Bodens an. Um die genannte Entwicklung zu verhindern, die dazu führen würde, daß 2010 die Nahrungsmittelproduktion pro Kopf um 30% geringer ausfällt als heute, macht die FAO eine Reihe von Vorschlägen: Die bewässerten Flächen sollten deutlich ausgedehnt werden (von 9,5 auf 14,5 Millionen ha). Dabei schweben ihr keine Bewässerungs–Mammutprojekte vor, wie sie derzeit in der Wüste Libyens geplant sind, sondern die „Verbesserung der traditionellen Sumpf– und Überschwemmungsbewässerung“. Gegen Chemie hat die FAO offenbar wenig Vorbehalte: Der Düngemittelverbrauch solle versechstfacht werden. Dies sei ohne Düngemittelhilfe der Industriestaaten allerdings nicht zu bewerkstelligen. Zur kritischen Entwicklung in der Landwirtschaft hat nach Ansicht der FAO auch mangelnde ökologische Sensibilität geführt. Überweidungen sowie die Abholzung der Wälder zur Brennholzgewinnung mit der Folge dramatischer Bodenerosion müssten ein Ende haben. 55 Millionen Afrikaner würden unter akutem Brennholzmangel leiden. Die FAO schlägt deshalb die spezielle Anpflanzung von Brennholzplantagen bei den Dörfern und den Aufbau von „Industrieplantagen“ vor, um den städtischen Brennholzbedarf zu decken. Ein großes Getreidedefizit würde den Kontinent im Jahre 2010 allerdings auch bei Befolgung der FAO–Vorschläge plagen: Anstelle von 100 Millionen Tonnen immerhin noch 76 Millionen Tonnen.