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Gewerkschaft schlicht abgeblitzt

■ Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden–Württemberg können die Gewerkschaften die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen nicht durch eine Klage vor Gericht erzwingen

Aus Mannheim Felix Kurz

Die Gewerkschaften können nach einem jetzt veröffentlichten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden–Württemberg nicht auf dem Klageweg die sogenannte Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen erzwingen. Die Gewerkschaft Textil– Bekleidung hatte beim Baden– Württembergischen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung beantragt, den mit der Südwestdeutschen Bekleidungs industrie und der Bekleidungsindustrie Baden abgeschlossenen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären, damit dieser auch für nicht in den Tarifparteien organisierte Arbeitnehmer Geltung erlange. Das Ministerium entsprach dem Antrag aber nur teilweise und lehnte eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung für ein Urlaubsgeldabkommen und die Tarifverträge über die Vergütung für Auszubildende ab. Der VGH wies die Klage der Gewerkschaft dagegen jedoch als unzulässig zurück. Nach Ansicht der Richter begründet die Antragsbefugnis auf den Erlaß einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung „kein subjektives Recht“, sondern habe lediglich „Anstoßfunktion zur Normsetzung durch Dritte, nämlich durch das zuständige Arbeitsgericht“. Die Tarifparteien hätten darüberhinaus keinen Anspruch auf die Allgemeinverbindlichkeitserklärung oder auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag. Zudem sei die gewünschte Erklärung ein Rechtsetzungsakt eigener Art und kein Verwaltungsakt und sei deshalb auch nicht vor einem Verwaltungsgericht einklagbar. Ausdrücklich ließ der VGH aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zu.

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