Welthandel macht schlapp

■ Im Vorfeld der GATT–Welthandelsrunde legt die UN–Sonderorganisation ihren Jahresbericht vor Stagnationstendenzen im globalen Export / Noch keine Einigung über GATT–Tagesordnung

Von Ulli Kulke

Da beträgt der weltweite Export schon satte 1.922 Milliarden Dollar, doch die unersättlichen Welthandelsstrategen des allgemeinen Zoll– und Handelsabkommens GATT sinds nicht zufrieden. Sie verlangen dynamisches Wachstum des globalen Handels und Wandels - und da hapert es: Nachdem die Rückschläge im Welthandel von Anfang der achtziger Jahre 1983/84 wieder in Wachstumsraten übergingen, deutet der gestern vorgelegte GATT–Jahresbericht wieder auf Stagnationstendenzen hin: Zwar wird für 1985 noch eine wertmäßig (“nominell“) dreiprozentige Steigerungsrate angegeben, das reale Volumen lag indes nur mehr 1% über dem vom Vorjahr. 1984 konnte man noch stolze 9,5 Prozent Zuwachs (nominell) verzeichnen. Als Hauptgrund dafür nennt die UN–Sonderorganisation ein Anwachsen des Protektionismus besonders in den Industrieländern. Trotzdem halten sie mit einem Drittel den Löwenanteil am Weltexport: USA 10,7 Prozent, BRD 9,6 Prozent, Japan 9,1 Prozent. Als erstes Entwicklungsland kommt Taiwan mit 1,6%. Der im Vergleich zur eigenen Wirtschaftskraft geringe Vorsprung der USA gegenüber den zweit– und drittplazierten spiegelt die dramatische Verschlechterung ihrer Handelsbilanz wider. Inzwischen beträgt das Außenhandelsdefizit 3,5 Prozent des US–Bruttosozialproduktes. Ausschlaggebend ist dabei das Defizit gegenüber Japan und der EG. Wenn die Handelsbilanzen der verschuldeten lateinamerikanischen Länder in den vergangenen Jahren nicht nur durch Importdrosselung, sondern auch durch Exportausweitungen mal wieder schwarze Zahlen aufwiesen, so scheint sich auch dieser Trend umzukehren. 6,5 Prozent Exportrückgang verzeichnet GATT für die südlichen Nachbarn der USA. Offenbar hat hier auch die verschuldungsbedingte Importdrosselung der Vorjahre insbesondere von Investitionsgütern auf die Exportproduktion durchgeschlagen. Der neuerliche Dollarkursverfall dürfte für 1986 kaum eine Exportsteigerung ins Hauptexportland USA zulassen. Inzwischen werden eifrig Papiere für die am kommenden Montag beginnende GATT–Verhandlungsrunde in Punta del Este ( Uruguay) geschrieben. Zehn Entwicklungsländer - darunter Brasilien, Kuba und Nicaragua - legten einen Verhandlungsentwurf zur Wahrung der Drittwelt–Interessen vor, Argentinien hat ein gesondertes Statement entworfen, mit dem es gegen den Agrarprotektionismus zu Felde ziehen will, und die Schweiz hat mit Kolumbien ein Nord–Süd–übergreifendes „Basisdokument“ für die Minister verfasst. Auf dieses Dokument als Grundlage hätte man sich im Vorbereitungsausschuß für die GATT–Runde in Genf am Wochenende einigen können - allein die Franzosen legten sich quer. Ihnen passte es nicht, daß die Agrarsubventionen von vornherein in das Verhandlungsschema einbezogen werden sollten.