Wenn ein Land „kreditunwürdig“ wird...

■ Die „Kreditunwürdigkeit“ Perus hat für das Land nach Meinung von Bonner Experten im Bundeswirtschaftsministerium katastrophale Folgen

Bonn (epd) - Die Einschränkung der Schuldenrückzahlungen von Peru und die Reaktion des Internationalen Währungsfonds (IWF), das südamerikanische Land für „kreditunwürdig“ zu erklären, haben nach Ansicht von Experten im Bundeswirtschaftsministerium in Bonn „katastrophale wirtschaftliche Folgen“ für den Andenstaat. Wie Hans–Peter Gehring, Leiter des Referats Außenhandelsfinanzierung und Versicherung gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) erklärte, macht die Kreditunwürdigkeit eines Landes jede Zusammenarbeit mit dem IWF unmöglich. Das sperre das Land auch von der Kreditvergabe privater Großbanken aus, die ihr Engagement in den meisten Fällen ebenfalls von der Kreditunwürdigkeitsprüfung des IWF abhängig machten. „Jetzt droht der Devisenstrom nach Peru vollständig auszutrocknen - mit den entsprechenden Folgen für die Wirtschaft“, sagte Gehring. Negative Folgen ergeben sich nach seiner Ansicht aus der Tatsache, daß das Land jetzt immer weniger importieren kann, weil es dafür mit Devisen bezahlen müßte. Gehring: „Bald dürften dem Land lebenswichtige Einfuhren fehlen.“ Da die Verhandlungen über die Umschuldung öffentlicher Kredite ein Abkommen des betreffenden Landes mit dem IWF voraussetzten, könnten diese jetzt nicht mehr stattfinden. Gehring macht auch auf Konsequenzen für die Exportkreditversicherung durch die Hermes AG in Hamburg aufmerksam. Dort können sich bundesdeutsche Lieferanten gegen Zahlungsrisiken im Ausland absichern, wobei der Staat für die Kredite zur Exportfinanzierung bürgt. Doch für Exporte in kreditunwürdige Länder stellt der Staat keine finanziellen Mittel bereit. Gehring schließt eine Beschlagnahmung von Eigentum, zum Beispiel von Flugzeugen oder Konten, nicht ganz aus. Er verweist auf Vorgänge wie erst kürzlich in Italien geschehen, wo Privatunternehmen libysche Konten beschlagnahmen ließen, weil ihre Rechnungen nicht bezahlt worden waren. Auch Jürgen Westphalen, Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Deutsch–Südamerikanischen Bank in Hamburg, einer Tochter der Dresdner Bank AG, sieht mit der Einschränkung der Schuldenrückzahlungen von Peru schwerwiegende Folgen auf das Land zukommen. Obwohl er den Gedanken einer Bindung der Schuldendienstleistung an die wirtschaftlichen Verhältnisse des betreffenden Schuldnerlandes durchaus akzeptiert, schadet nach seiner Auffassung die einseitige Festlegung der Schuldenrückzahlung Perus auf zehn Prozent der Exporterlöse dem Land weit mehr als sie nützt. Vielfach beruhten, so Westphalen, bereits einfache Handelsgeschäfte auf einer Kreditfinanzierung, die bei Exporten in kreditunwürdige Länder von den Banken nicht gewährt werde. Außerdem sieht der Bankfachmann noch einen langfristigen Schaden. „Eine Lösung der Schuldenkrise setzt normale Handels– und Finanzbeziehungen zwischen den Ländern voraus. Diese Brücken werden eingerissen, wenn ein Land seinen Schuldendienst einstellt oder einschränkt.“ Peru, das mit 14 Millionen Dollar verschuldet ist, hatte eine Frist zur Rückzahlung von 196 Millionen US–Dollar an Zinsen und Tilgung verstreichen lassen und stattdessen nur einen Teilbetrag von 35 Millionen US–Dollar bezahlt. Die Regierung des Landes folgte damit einer Anordnung von Staatspräsident Alan Garcia, die die Rückzahlung der Schulden auf höchstens zehn Prozent der peruanischen Exporterlöse beschränkt. Wolfgang Kessler