US–Auftrag für 100 Airbus–Maschinen

■ Erneut amerikanische Hersteller Boeing und McDonnell–Douglas ausgestochen / Gesamtwert: Sechs Milliarden DM Aber die größte Fluggesellschaft der Welt, „Northwest–Airlines“, behält sich jederzeitiges Rücktrittsrecht vor

Von Ulli Kulke

Berlin (taz) - Die US–amerikanische Wirtschaft hat einen Anlaß mehr, von ihrer Regierung protektionistische Maßnahmen gegen die steigenden Importe einzuklagen. Da vergibt die größte Fluggesellschaft des Landes schon einen Riesenauftrag, und dann geht er ausgerechnet nach Europa - der Region, zu der man derzeit ein jährliches Handelsbilanz–Defizit von rund 30 Milliarden Dollar „unterhält“. Sage und schreibe 100 Flugzeuge des Typs Airbus 320 hat die „Northwest Airlines“ bei der Airbus Industries, Toulouse (Frankreich), geordert. Satte drei Milliarden Dollar (umgerechnet rund sechs Milliarden DM) wird die Airline dafür an die Firma überweisen, die unter anderem auch dem bundesdeutschen Flugzeugbau–Konzern Messerschmidt– Bölkow–Blohm gehört. Es ist erst eineinhalb Jahre her, daß die amerikanischen Konzerne Boeing und McDonnell–Douglas dem britisch–französisch–deutschen Konzern beim Kampf um einen Auftrag der Fluglinie „Panam“ über 28 Maschinen unterlag. Wenn man sich erinnert, in welcher Schärfe Boeing damals auf den auswärtigen Kauf reagierte, darf man gespannt sein, welche Geschütze die US–Konkurrenten von Airbus diesmal in den Medien auffahren. Der Kauf soll in Raten abgewickelt werden. Fest bestellt wurden von „Northwest“ vorerst nur zehn Maschinen, die 1990/91 geliefert werden sollen, wofür allerdings auch erst ein Vorvertrag und noch kein Kaufvertrag unterzeichnet ist. Für die restlichen neunzig 150–Sitzer wurden „Optionen“ vereinbart: In den Jahren 1992–95 sollen diese in 15er–Paketen über den Atlantik geflogen werden. Die Fluglinie hat sich dabei das Recht ausbedungen, nach jeder Teillieferung von weiteren Käufen zurücktreten zu können. Die tatsächliche endgültige Liefermenge soll „von der Geschäftsentwicklung abhängig“ gemacht werden, wie Airbus Industries erklärte. Die „Northwest“ meint offenbar, sich hier erst noch einen Überblick verschaffen zu müssen: Erst kürzlich ist sie in der US–Rangliste auf Nr. 1 vorgerückt, indem sie „Republic Airlines“ geschluckt hatte - ein Beispiel für die gigantische Konzentrationswelle, in der US–Flugbranche. Die „Flexibilität“ der Toulouser dürfte den Ausschlag für den Zuschlag zugunsten von Airbus gegeben haben. Ein Firmensprecher meinte zwar gegenüber der taz, daß „vor allem die überlegene Technik entscheidend“ war, aber „daß wir uns in einem harten Wettbewerb befinden, ist doch klar“ - und dann muß man eben schon mal solche einseitigen Zugeständnisse machen. Oder ist Airbus nur dazu da, einen härteren Druck auf die US–Hersteller ausüben zu können?