NH–Sozialplan - wie es Euch gefällt ...

■ Der Sozialplan für die 2.500 Beschäftigten der NH ist noch offen / Schiesser wird nach den bisherigen Verhandlungen entscheiden, die BGAG wird zahlen / Der bisher ausgehandelte Plan sieht Kosten von über 50 Millionen DM vor / Knatsch auf der Arbeitnehmerbank

Berlin (taz) - Der Sozialplan für die derzeit 2.500 Beschäftigten der Neuen Heimat ist nach Informationen der taz noch nicht perfekt. Entgegen anderslautenden Erklärungen der zuständigen Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) sieht das neue Management des an den Ge schäftsmann Horst Schiesser verkauften Wohnungsbaukonzerns noch Verhandlungsbedarf. Die offizielle Sprachregelung lautet: Der Sozialplan habe „gute Chancen, bald unterzeichnet zu werden“. Bei den noch zu führenden Verhandlungen könnten sich durchaus noch „Verbesserungen“ für die Beschäftigten ergeben. Im Kaufvertrag zwischen der Gewerkschaftsholding BGAG und Schiesser, der in der Nacht vom 30.9. auf 1.10.86 in Kraft getreten ist, wurde vereinbart, daß die BGAG die Sozialplankosten für die vorgesehenen 400 Entlassungen, die tariflichen Veränderun gen der weiterhin Beschäftigten und andere kostensparende Maßnahmen übernehmen soll. Die Verhandlungen um den Sozialplan mußten nach Angaben des HBV–Vorstandsmitglieds Christian Götz „unter erheblichem Zeitdruck“ geführt werden. Beteiligt waren er selbst für die HBV, Jürgen Jöns von der IG Bau, Steine, Erden und der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Manfred Franz, auf der Arbeitnehmerseite und die alte Geschäftsführung der Neuen Heimat auf der Arbeitgeberseite. Der zwischen ihnen ausgehandelte Sozialplan hat nach Aussagen von Götz einen Umfang von „deutlich über 50 Millionen Mark“. Neben den Leistungen für die zu Entlassenden sind auch Ausgleichszahlungen für jene NH–Beschäftigten vorgesehen, die bei Schiesser bleiben, aber künftig nach Branchen– statt Haustarifvertrag bezahlt werden. Die Gewerkschaften könnten diesen so ausgehandelten Sozialplan nun „guten Gewissens unterschreiben“, meinte Götz. Die Arbeitnehmervertretung der Hamburger Konzernzentrale ist da ganz anderer Meinung und pocht auf die Nachwirkungsklausel eines vor einem halben Jahr von der NH–Geschäftsführung aufgekündigten Rationalisierungsschutzabkommens, die über den 31.12.86 hinaus gesichert werden solle. Fortsetzung auf Seite 2 Siehe auch Wirtschaftseite 12 Die Mehrheit der Hamburger NH– Belegschaft habe sich gegen die Unterzeichnung des vorliegenden Vertragsentwurfs ausgesprochen. In einem Brief an die Verhandlungskommission heißt es: „Wir entziehen euch hiermit für die Neue Heimat/Hamburg das Votum zum Abschluß des vorliegenden Tarifvertragsentwurfs.“ Fest steht, daß jetzt der Sozialplan, für dessen Kosten vertragsgemäß der Verkäufer BGAG aufkommen soll, auf Arbeitgeberseite vom neuen Besitzer unterzeichnet werden muß. Der kann nun nach Gutdünken Zugeständnisse machen, die er nicht zu bezahlen hat. Schacher ist überall Die Stadt Heidelberg hat am Dienstag „in den letzten Stunden“ vor dem Verkauf des NH–Konzerns von der Neuen Heimat Ba den–Württemberg 616 Sozial– und 195 Eigentumswohnungen sowie 45.000 qm Bauland übernommen, heißt es in einer Erklärung der Stadt. Für den Erwerb zahlte die Stadt nichts, sie übernahm aber Verbindlichkeiten in Höhe von 30 Millionen DM. Die Stadt Ulm hat ebenfalls 19 Hektar NH–Land „für einen angemessenen Preis“ übernommen, teilte die Stadt mit. In Nordrhein–Westfalen versucht die Landesregierung verzweifelt, genauere Informationen über das Schicksal der 43.000 NH– Wohnungen des Landes zu erhalten. Diese sind ebenso wie die 33.000 NH–Wohnungen in Hessen zunächst an Schiesser mitverkauft worden und sollen bis Jahresende an die Gewerkschaftsholding BGAG für 300.000 Millionen zurückverkauft werden. Der SPD–Fraktionsvorsitzende im NRW–Landtag, Friedhelm Farthmann, äußerte angesichts der Vorgänge um die Neue Heimat „teilweise fassungslose Enttäuschung, teilweise ohnmächtigen Zorn.“ Martin Kempe