Rauchzeichen

■ Zu dem Unfall auf dem Sowjet–U–Boot vor der US–Küste

Alle Ereignisse zwischen den Supermächten werden nun mal wie Zeichen am Horizont interpretiert. Es ist ein doppelter Zwang, die weltpolitischen Geschehnisse immer wieder auf das Verhältnis der Supermächte zueinander zu reduzieren; und: dem Mienenspiel der Supermächte ihr Verhalten ablesen zu wollen. Es ist eine auf die Verhältnisse der absoluten Monarchie regredierte Weltöffentlichkeit, die in dieser Form eben unser latentes Verhängnis reflektiert. So deuten wir denn und müssen deuten: z.B. das Ereignis des Unfalls auf einem sowjetischen Atom–U–Boot. Da ist man schon dankbar, daß aus der technischen Havarie keine politische Havarie wurde. Die Sowjetunion informierte die USA rechtzeitig. Die USA betonten zugleich, sie seien rechtzeitig informiert worden. Selbst US–Verteidigungsminister Weinberger konzedierte - was gewiß eine weltpolitische Uraufführung ist -, daß sich die Sowjetunion korrekt verhalten habe. Eine veränderte Tonart also. Ist der Brandrauch über dem U–Boot ein positives Vorzeichen vor Reykjavik? Die Sowjetunion hat jedenfalls gezeigt, daß offene Information tatsächlich praktiziert werden soll. Auch auf die Gefahr hin, daß es nur psychologisierende Supermacht–Astrologie ist: Wenn die Supermächte dazu kommen, das Minimum an weltbürgerlicher Pflicht anzunehmen, nämlich Öffentlichkeit zu akzeptieren, dann ist das ein Hoffnungszeichen. Kein Silberstreifen am Horizont, aber ein kleines Rauchzeichen. Klaus Hartung