Gewerkschaftsarbeit nach Marcos

■ Eine Delegation philippinischer Gewerkschafter reist zur Zeit durch das Ruhrgebiet / Erfahrungsaustausch mit deutschen Industriearbeitern / Gegenbesuch von Opel–Arbeitern geplant / Noch immer kein Streikrecht

Aus Bochum Petra Bornhöft

Eine Delegation des größten gewerkschaftlichen Dachverbandes der Philippinen besucht zur Zeit das Ruhrgebiet. Ziel der vierwöchigen Reise ist ein direkter Erfahrungsaustausch zwischen gewerkschaftlich aktiven Industriearbeiterinnen und -arbeitern beider Länder. Auf dem Programm stehen Betriebsbesichtigungen, Gespräche mit (oppositionellen) Gewerkschaftern, Frauen, kirchlichen Vertretern, Bürgerinitiativen, Teilnahme an der Friedensdemo in Hasselbach ebenso wie am IG–Metall–Bundeskongreß. Die elf Frauen und Männer gehören der 500.000 Mitglieder starken „Gewerkschaft des 1.Mai“ (KMU) an. Sie arbeiten zum Beispiel in deutschen Niederlassungen von Adidas oder Triumph in Manila. „Seit der Regierungsübernahme von Corazon Aquino haben wir zwar einen fortschrittlichen Arbeitsminister“, berichtet Donato de la Cruz (29), „doch immer noch kein gesetzlich garantiertes Streikrecht“. Die Auszahlung des gesetzlichen Mindestlohnes von 5,40 pro Tag müsse häufig von den nach amerikanischem Muster in Betriebsgewerkschaften organisierten Arbeitern „erstreikt“ werden. Während früher fast jeder Streik vom Arbeitsminister verboten wurde, lassen die Unternehmer heute Arbeitskämpfe gerichtlich untersagen. In der Zeit nach dem Abtritt des Marcos–Regimes seien zehn Streikposten erschossen worden, habe es 70 Verletzte und 100 Festnahmen gegeben. „Wir streiken nur, wenn Verhandlungen erfolglos bleiben“, erzählt Cecilia Conge (29), frühere Vorsitzende der Betriebsgewerkschaft von Triumph. Heftige Kritik äußern die Gewerkschafter am zweiten philippinischen Dachverband, dem „Trade Union Congress of the Philippines“ (TUC), Mitglied im Internationalen Bund Freier Gewerkschaften. „Das ist eine gelbe Gewerkschaft, die mit Marcos und den Unternehmern zusammengearbeitet hat“, sagt Melba Magandi, Vorsitzende der Arbeiterinnen–Organisation „National Movement of Women Workers“. Der TUC, vor sechs Jahren größter Dachverband mit einer Million Mitgliedern, verlor 80 Prozent seiner Beitragszahler und ist heute nicht mehr halb so groß wie die KMU, deren Mitgliederzahl sich im gleichen Zeitraum um das Zwanzigfache erhöhte. Opel–Arbeiter werden im nächsten Jahr einen Gegenbesuch auf Einladung des ökumenischen Arbeiterbildungsinstitutes EILER abstatten. Zum Abschluß der gegenwärtige Reise planen die deutschen Organisatoren aus dem evangelischen Kirchenkreis Herne und der Südostasien–Informationsstelle Bochum eine öffentliche Veranstaltung am 22.10. in Bochum.