piwik no script img

I N T E R V I E W Oberbürgermeister von Grünen Gnaden

■ Braunschweigs Oberbürgermeister Hartmut Scupin (CDU) über die neue Rot–Grüne Mehrheit im Stadtrat Ob in Wilhelmshaven, Delmenhorst oder Braunschweig. Die Grünen haben seit Sonntag in den Kommunalparlamenten ein entescheidendes Wörtchen mitzureden. In Braunschweig z.B. sind sie zur umworbensten Fraktion geworden. Ohne ihre Stimmen geht in der Oberbürgermeisterwahl nichts. Die Mehrheit ist „Rot–Grün“. Bleibt da die CDU außen vor? Für die taz sprach Eberhard Löblich mit dem noch amtierenden Braunscheiger Oberbürgermeister Hartmut Scupin (CDU).

taz: Fieberhaft wird hinter den Kulissen und verschlossenen Türen verhandelt. SPD und CDU wollen jeweils den Posten des Oberbürgermeisters besetzen. Welches Ergebnis erwarten Sie? Scupin: Ich kann mir nicht den Kopf der Grünen zerbrechen. An ihnen hängt jetzt alles. Wie sie sich entscheiden, wird abzuwarten sein. Was ich persönlich ins Gefecht führen kann, ist, daß ich mich ständig bemüht habe, allen Parteien gegenüber gerecht zu sein. Ich bin nicht im Landtag wie der SPD–Kandidat Gerhard Glogowski und reise nicht in der Weltgeschichte herum. Ich war immer hier in Braunschweig und habe mich um die Belange der Stadt gekümmert. Vielleicht kann das den Ausschlag geben. Wenn die SPD jedoch ein rot–grünes Bündnis zustandebringt, ist das auch in Ordnung. Sie haben dann in allen Ausschüssen und im Rat die Mehrheit. Ob das sachlich auch immer realisierbar ist, bleibt abzuwarten. Was haben Sie den Grünen zu bieten? Nicht viel. Ich halte nichts davon, im Vorfeld der Legislaturperiode schon große Absprachen zu treffen. Auch bei den anstehenden Personalentscheidungen soll es das unsererseits nicht geben. Ich sähe es am liebsten, wenn die vakanten Dezernate mit breiten Meherheiten aus allen Fraktionen zu besetzen wären. Feste Absprachen im Vorfeld würden dem entgegenstehen. Wechselnde Mehrheiten bestimmen die Politik in einer Stadt wie Braunschweig am besten. Ich halte nichts von festen Ehen. Sie führen zu feststehenden absoluten Mehrheiten und damit leicht zu Machtmißbrauch. Würden sie, würde Ihre Partei das Braunschweiger Rathaus mit Hilfe der Grünen regieren wollen? Ja. Die Wahl des Oberbürgermeisters ist eine reine Persönlichkeitswahl. Die Grünen können sich fragen, ob der Scupin ein Mann ist, mit dem man umgehen kann und der seinerseits auch mit den Grünen umgehen kann. Wir wollen keine Stimme „einkaufen“. Das verbietet mir der Respekt vor der Selbständigkeit einer anderen Partei. Um diesen Preis wollte ich nicht OB werden. Sonst malen doch ihre Parteifreunde immer den grünen Teufel in Verbindung mit dem roten Beelzebub an die Plakatwände? Ich übernehme keine Verantwortung für das, was andere Parteigremien von sich geben. Sicher stimme ich in vielen Dingen nicht mit dem Überein, was die Günen wollen, das ist doch aber noch kein Grund, sie zu verteufeln. Könnte ein OB–Kandidat Gerhard Glogowski auf ihre Unterstützung rechnen? Nein, das könnte er nicht. Es ist Tradition nicht nur in Braunschweig, daß die stärkste Fraktion den OB stellt. Das sagte selbst Kühbacher (SPD–MdB aus Braunschweig) letzten Monat im Vorwärts, natürlich mit anderen Absichten. Die SPD tut jetzt so, als hätte sie die Grünen schon im Sack. Noch haben wir nicht mit den Grünen gesprochen, das letzte Wort ist noch nicht gefallen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen