Armutszeugnis für den DGB

■ DGB stellt Infas–Studie über Arbeitnehmerbewußtsein vor / Für 48 die Arbeitslosigkeit getan / Nur 12

Von Jakob Sonnenschein

Düsseldorf (taz) - „Eindeutig sind die Gewerkschaften mit ihrer Problemsicht und ihren Vorschlägen zur Lösung der Beschäftigungskrise ... und zur Erhaltung und Ausweitung von Arbeitnehmerrechten bei einem großen Teil der Bevölkerung fest verankert.“ So kommentierte der DGB–Vorsitzende Ernst Breit die Ergebnisse einer Langzeitstudie von Infas - Titel: „Wandel des politischen Bewußtseins von Arbeitnehmern“, die am Freitag der Presse vorgestellt wurde. Doch was der DGB–Chef als „breite Unterstützung für ge werkschaftliche Forderungen“ interpretierte, stellt bei genauerer Betrachtung der organisierten Arbeitnehmerbewegung eher ein Armutszeugnis aus. So meinte Anfang 1986 knapp die Hälfte (48 der Arbeitnehmer, die jetzige Bundesregierung tue genug gegen die Arbeitslosigkeit. In der repräsentativen Umfrage wurden 4.000 abhängig Beschäftigte befragt. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen in der SPD– Führung verdienen die Ergebnisse Beachtung. So hat die SPD– Spitze sich gerade darauf verständigt, die Arbeitslosigkeit - neben SDI - zu einem zentralen Wahlkampfthema zu machen. Zwar messen die Arbeitnehmer der SPD (36 bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu als der CDU (34 aber Belege, dieses Thema könne für die SPD zu einem Renner geraten, finden sich in der Studie nicht. Katastrophal sind die Ergebnisse für die Gewerkschaften im Bereich der Mitbestimmung, gerade jetzt, wo die Sicherung der Montanmitbestimmung ansteht. Nur 12 Mitbestimmung für einen wichtigen Politikbereich. Da ist es auch kaum tröstlich, daß bei konkreten Problemen sich ein anderes Bild ergibt. So sprechen sich 89 eine Beteiligung der unmittelbar Betroffenen bei der Einführung neuer Techniken aus. Zwei Drittel halten ihre betrieblichen Interessenvertreter für kompetent in dieser Frage. Ein Ergebnis, das, so Breit, „unsere Forderung nach Erweiterung der Mitbestimmungsrechte bestätigt“. Zum Abbau der Arbeitslosigkeit nennen die Beschäftigten an erster Stelle den Überstundenabbau (53 befürworten eine generelle Arbeitszeitverkürzung. Die von der Gewerkschaft geforderten Beschäftigungsprogramme halten nur 33 der Gewerkschaftsmitglieder für einen vernünftigen Vorschlag. Daß selbst jedes viertes Gewerkschaftsmitglied die Arbeitslosigkeit nicht für ein wichtiges Thema hält, rundet das Bild nur ab.