I N T E R V I E W „Die Linke drückt sich“

■ Halina Bendkowski, Organisatorin des Symposiums,zur Pornographie–Diskussion

taz: Warum ist ausgerechnet die Pornographie so ein zentrales Thema auf diesem Symposium? Halina: Nicht zufällig. Es geht natürlich darum, die Gewalt zu reduzieren. Doch vorher kommt man auf die Frage: Wieso ist die Situation so gewalttätig gegen Frauen? - Das umschreibt abstrakt, wie wir wirklich drauf gekommen sind: Bei den Mordfällen an Frauen, über die wir in der letzten Zeit gelesen haben, wurden die Mörder immer als Porno–Konsumenten beschrieben. Staatsanwälte, mit denen ich dann geredet habe, haben immer gesagt, ein Zusammenhang zwischen Pornographie und Gewalt sei nicht eindeutig feststellbar. Wir wollten uns dann selbst ein Bild machen und haben uns zunächst Pornos angeguckt. In den Pornos z.B. die wir gesehen haben, wird sehr geschickt Sexualität mit einem Gewaltbedarf von Frauen gekoppelt. Also es werden Frauen gezeigt, die Gewalt geil finden. Da kommandieren Männer ständig im Befehlston, wozu sie Lust haben, und das bringt dann die Lust von Frauen. Nach diesen Filmen glaube ich den Untersuchungen nicht mehr, nach denen die Gewalt, also die Gewaltpornographie harmlos ist. Was folgt für dich daraus? Verbot? Wenn ich die Pornofilme sehe, denke ich immer: Verbieten. Es ist unmöglich, was da gezeigt wird. Höre ich aber z.B. die Klerikalen, die auch fürs Verbieten sind, die ja weiterhin die Geschlechterungleichheit aufrechterhalten wollen, den Sozialen Sexismus, dann weiß ich, daß genau sie auch diese Gewalt mitproduzieren, und bekomme Probleme. Machst du da nicht auch einen Rückzug vor der Kritik vieler Linker oder sogenannter Progressiver, die Frauen, die Verbote fordern, in die klerikale oder prüde Ecke drängen? Ich gehe nicht vor den linken Männern zurück, die sagen: Gewalt ist auch darstellbar. Da gibts für mich mit ihnen keinen Konsens. Aber mit einer noch weiteren Fassung - da ist mir die scheinbare Freiheit - auch als Denkmetapher - lieber als der Zwang des Moralismus der Rechten, die ja gar nichts verändern wollen. Aber es ist klar, wir müssen vor allem mit den Linken die Diskussion führen, weil sie sich ja gar nicht mit Pornographie beschäftigen, sondern nur mit der Freiheit. Ich nehme es den Linken persönlich übel, daß sie die Auseinandersetzung um die Pornographie so einfach umgehen und auch ihre eigenen Theorien in dieser Frage gar nicht ernst nehmen. Sonst sind sie kritisch gegenüber kapitalistischen Marktmechanismen, aber hier - weil es auch ihre eigene Phantasie betrifft - fällt ihre Marktkritik völlig aus ihrem Ansinnen und ihrer Theorie heraus. Und zwar von den Männern. Interview: Gitti Hentschel