Konservative Profile bei EKD–Synode

■ Evangelikalen stoßen bei ihrer Erklärung, Info–Büro Nicaragua sei „artfremd“, auf Widerstand / Konservative nutzen Synode, kirchliches Engagement für Befreiungsbewegungen zu kritisieren / Entwicklungspolitische Aktionsgruppen werden an die Kandare genommen

Bad Salzuflen (taz) -In der Aussprache über die bisherige kirchliche Entwicklungspolitik haben sich die „Evangelikalen“ auf der EKD–Synode eine herbe politische Niederlage eingehandelt. Ihr Wortführer Lachmann warf den zuständigen Kirchengremien Konzeptlosigkeit und Versagen vor. „Wie kann man die unterentwickelten Völker zur Arbeit und zur Leistung motivieren?“ fragte er in einem Plädoyer für die soziale Marktwirtschaft und handelte sich die geschlossene Empörung der Synode ein, als er der Dritten Welt das Bibelgebot „Du sollst nicht begehren!“ vorhielt. In der wachsenden Unruhe der ansonsten ehrwürdigen Versammlung ging fast seine Aufforderung unter, die Info–Stelle Nicaragua in Wuppertal nicht mehr zu fördern - sie sei „artfremd“. Wenn Lachmann auch später kleinlaut viele Formulierungen zurücknahm, nutzten einige konservative Delegierte die Chance, sich als gemäßigte und vermittelnde Alternative darzustellen. Wenn schon in der Evangelischen Kirche solch starke Differenzen existierten, müsse das Schlußwort beiden Strömungen Rechnung tragen, verlangte Studentenpfarrer Schlichting, der auch heftig gegen die Finanzierung der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) ins Feld zog. Vertreter verschiedener Landeskirchen verlangten, den „Machtmißbrauch internationaler Konzerne“ und ähnliche Formulierungen aus dem Schlußwort zu streichen, weil sie eine Pauschalverurteilung der Firmen und der in ihnen arbeitenden Menschen darstellten. Aktueller Anlaß dafür war die Kritik der kirchlichen Pharma– Kampagne am Chemie–Konzern Hoechst, die ihnen den Vertrieb von Prodrukten vorgeworfen hatte, die in der BRD verboten sind. Hoechst–Manager hatten sich daraufhin bei der Landeskirche von Hessen–Nassau beschwert, weil die Kampagne kirchlich bezuschußt wird. Gegen heftigen innerkirchlichen Widerstand hatte sich die Landeskirche jedoch dazu entschlossen, die weitere Mitfinanzierung zu bejahen. Der Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) soll jedoch in Zukunft die Gemeinden des Umkreises solcher Aktionen vorher informieren und „ein Einvernehmen herstellen“, wie sich eine Synodale ausdrückte. Eine entsprechende Formulierung taucht auch im Vorschlag zum Schlußwort auf: ein „vereinbartes Verfahren“ soll für die Austragung entwicklungspolitischer Kontroversen in der Öffentlichkeit beschlossen werden, „dessen Einhaltung zur Voraussetzung der Unterstützung“ gemacht werden kann. Nichtkirchliche Gruppen wie der BUKO sind deshalb beunruhigt, zumal im Vorfeld der Synode gar ein „Verhaltenskodex“ kursierte, der etwa den Verzicht auf Motivationsanalyse des Kontrahenten verlangte, und der mit den Hoechst–Managern abgesprochen worden sein soll. Die neuerliche Ausarbeitung eines solchen Kodexes soll nach dem Beschlußvorschlag für die Abstimmung am Freitag den zuständigen Vergabegremien für Kirchensteuergelder übertragen werden. Am späten Montag abend, als viele Delegierte auf dem traditionellen Empfang des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/ CSU in der Nobelherberge „Maritim“ weilten, kam der Haushaltsentwurf für das nächste Jahr zur Diskussion. Der Oberst im Generalsrang v. Lossow sprach sich erneut gegen die Zuschüsse an das Info–Büro Nicaragua aus. Als jedoch die Synodale Offermann die aktuelle Situation in Nicaragua mit den 20.000 Mark Zuschüssen für das Büro verglich und dabei in Tränen ausbrach, erhielt sie wesentlich stärkeren Beifall als v. Lossow, der überprüfen wollte, wen sonst die Kirche denn bei den inländischen Gruppen unterstützen könnte. Er sprach nicht aus, daß die „Evangelikalen“ eng mit der rechten „Nicaragua–Gesellschaft“ zusammenarbeitet. Dietmar Bartz