I N T E R V I E W „Wir haben es nicht nötig, irgendetwas kaputt zu schlagen“

■ Gespräch mit Elmar Diez, Sprecher der BI–Umweltschutz Hanau

taz: Seit zehn Jahren kämpft ihr gegen die Hanauer Atombetriebe. Erst seit relativ kurzer Zeit hat die AKW–Bewegung erkannt, daß hier das Herzstück der bundesdeutschen Atompolitik liegt. Wie ist das zu erklären? Diez: Die Hanauer Betriebe arbeiten bereits seit 1960, als es noch gar keine Anti–Atombewegung gab. Sie haben sich unauffällig und im Windschatten der AKWs entwickelt. Die Widerstandsform der siebziger Jahre, die Bauplatzbesetzungen, waren dort nie möglich. Wir haben das Gefährdungspotential der Hanauer Betriebe lange Zeit unterschätzt. Erst durch die langwierige Auseinandersetzung mit den Betrieben und ihren Helfershelfern in den Behörden sind wir dahintergekommen, welche weltweite Bedeutung diese Firmen besitzen. Was unterscheidet die Demonstration morgen von der ersten 1984. Gibt es eine neue Qualität? Erstmal hat nach Tschernobyl jede Anti–Atom– Demonstration einen ganz anderen Charakter. Zum anderen besteht die neue Qualität darin, daß zum ersten mal Friedensbewegung, Dritte–Welt– Bewegung und Anti–Atombewegung zusammenkommen, um gegen diese Schaltstelle für zivile und mögliche militärische Nutzung der Atomenergie zu demonstrieren. Für die Friedensbewegung besteht die Relevanz darin, daß hier waffenfähiges Uran und Plutonium gelagert wird. Es ist noch lange nicht ausgemacht, ob sich in der Bundesrepublik eine militärische Option auf einen eigenen Atomwaffenbau entwickeln wird. Die Dritte–Welt–Bewegung ist dadurch tangiert, daß dreißig Prozent des bundesdeutschen Urans aus Namibia kommen. Die Hanauer Firmen sind also an der Plünderung dieses besetzten Landes beteiligt, die von der UN bereits als illegal eingestuft worden ist. Dein Wunsch für die morgige Demonstration... In Hanau wird z.Zt. die Angst vor den Chaoten geschürt. Ich wünsche mir, daß morgen deutlich wird, daß wir es nicht nötig haben, irgendetwas kaputtzuschlagen, weil unsere Argumente die besseren sind. Wenn in Hanau morgen was kaputtgeht, würde sich nur die Atommafia freuen, die nur darauf lauert, von ihren eigenen Schweinereien ablenken zu können. Interview: Michael Miersch