Saarstahl–Völklingen: Noch mehr Kündigungen?

■ Christlicher Gewerkschafter erhebt Vorwürfe gegen Ministerpräsident Lafontaine

Von Felix Kurz

Saarbrücken (taz) - Bei Saarstahl Völklingen, früher Arbed Saarstahl, wird es einen weit größeren Personalabbau geben als bisher angenommen. Das gab der saarländische Landesvorsitzende des Christlichen Gewerkschaftsbundes(CGB), Peter Konstroffer, gestern vor Journalisten bekannt. Nach seinen Informationen soll die Belegschaft auf rund 8.000 Mitarbeiter schrumpfen. Bislang war man von 9.000 Beschäftigten ausgegangen. Mit der Schaffung einer besonderen Abteilung, dem sogenannten Personaleinsatzbetrieb, in dem inzwischen rund 1.800 Mitarbeiter geführt werden, sieht der CGB–Mann eine „Rausschmißabteilung“. Über diese sollen nach und nach die Menschen bei Saarstahl in eine Stiftung überführt werden, in der sie dann fort– oder weitergebildet werden. Doch was nach dieser Maßnahme kommt, zeichnet sich nach den Worten von Konstroffer bereits heute ab: der Weg in die Arbeitslosigkeit. Das von den Stahlarbeitern zur Hälfte gestundete Weihnachtsgeld (rund je 30 Mio. DM aus den Jahren 84 und 85) wird von dem Unternehmen nicht freiwillig zurückgezahlt werden. Diese Stundung des Weihnachtsgeldes war damals von dem Stahlkonzern und der CDU/FDP–Bundesregierung mit dem Argument erpreßt wor den, anderenfalls die Firma zu liquidieren. Oskar Lafontaine(SPD), damals noch saarländischer Oppositionsführer, heute Ministerpräsident, wetterte seinerzeit wie wild gegen die Aushebelung von berechtigten Arbeitnehmeransprüchen. Heute, so Peter Konstroffer, gebe es in dieser Frage ein Stillhalteabkommen zwischen der Landesregierung, der IG–Metall und dem Konzern, der vertragsgemäß diesen Monat die geliehene Summe zurückzahlen müßte aber nicht zahlt. Auch die Zahlung des Weihnachtsgeldes 86 ist ohne öffentliche Hilfen wohl nicht möglich, meinte der CGB–Mann, dessen Gewerkschaft bei den letzten Betriebsratswahlen immerhin 27 Zur Stützung des nach wie vor schwer angeschlagenen Stahlkonzerns habe die Landesregierung seit Juli sogar widerrechtlich eine Steuerstundung inclusive der Lohn–und Kirchensteuerabgaben genehmigt, so Peter Konstroffer. Seiner Meinung nach seien die Industrieanlagen bei Saarstahl ohnehin für Kapazitäten ausgelegt, die „nie wieder erreicht werden können“. Darin sieht der christliche Gewerkschafter einen wesentlichen Grund für die „im Vergleich zu den Konkurrenten“ hohe feste Kostenbelastung. Derzeit produziert das Blasstahlwerk in Völklingen zwischen 160.000–170.000 Jahrestonnen Stahl. Ausgelastet sei das Werk jedoch erst bei 300.000 Jahrestonnen.