SPD–Aktionäre gegen RWE–Atompolitik

■ Auf der Sondersitzung des Verbandes Kommunaler Aktionäre wollen SPD–Kommunen den RWE–Vorstand unter Druck setzen / Konkrete Ausstiegsbeschlüsse bei den Sozialdemokraten nicht mehrheitsfähig / Konsens mit der CDU angestrebt / Initiativen planen Aktionen

Aus Bochum Petra Bornhöft

„Wenn unser Antrag nicht durchkommt, müßt Ihr den Saal unter Absingen schmutziger Lieder verlassen“, mahnte Friedhelm Fahrthmann, SPD–Fraktionsvorsitzender im Düsseldorfer Landtag, letzte Woche bei einem Treffen der „Genossen Aktionäre“ zur Vorbereitung der morgigen Sondersitzung des Verbandes Kommunaler Aktionäre (VKA) des RWE (Rheinisch–Westfälische Elektrizitätswerke) in Essen. SPD–regierte Gemeinden, Städte und Kreise wollen vom RWE– Vorstand wissen, „unter welchen Bedingungen ein Ausstieg aus dem Kalkarer Projekt und der Wackersdorfer Anlage möglich ist und welche wirtschaftlichen Konsequenzen sich daraus für das Unternehmen ergeben“. Weiter hin soll der Konzern mitteilen, „unter welchen Bedingungen die vom RWE betriebenen Kraftwerke reduziert, die in Bau oder Planung befindlichen Kernkraftwerke gestoppt oder durch andere Formen der Energiegewinnung ersetzt werden können“. Diesem Antrag könnten sich CDU–regierte Kommunen anschließen, hoffen sozialdemokratische VKA–Mitglieder, die sich zahlenmäßig im Verband in der Minderheit befinden. Politisch bedeutsam könnte ein Votum gegen den RWE–Atomkurs werden, weil der VKA in der Hauptversammlung des Unternehmens über 60 Prozent der Stimmrechtsanteile verfügt. Bisher galt der VKA bei Kritikern als „kommunale Gleichschaltungsstelle“ des mit Abstand größten deutschen Stromkon zerns. Mit Sitzungsgeldern bis zu 6.000 DM pro Termin, Aufsichtsratstantiemen oder Dividenden gelang es dem RWE, fast alle handelnden Personen des VKA für seine Interessen einzuspannen. Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl brach dieser jahrzehntelange Konsens allerdings auseinander. Vierzehn Mitglieder forderten den Ausstieg aus der Atomenergie. Allerdings liegen die teilweise mit rot–grünen Mehrheiten gefaßten Beschlüsse meilenweit auseinander. Die Stadt Essen zum Beispiel begnügt sich mit dem Wunsch nach „geordnetem Ausstieg“. Sieben Gebietskörperschaften, darunter Duisburg und Köln, verlangen vom RWE, seine Beteiligung an Kalkar und Wackersdorf aufzugeben. Auf Antrag des niederrheinischen Erftkreises soll der Stromgigant die wirtschaftlichen Konsequenzen vorrechnen, die ein Ausstieg aus dem französischen Brüter Super Phenix, eine Stillegung von Biblis sowie die Kündigung der Pacht– und Leasingverträge für Grundremmingen und Mülheim–Kärlich hätte. Zwischen derlei Positionen zu vermitteln, war Ziel des Düsseldorfer SPD–Treffens. Nur mit Mühe gelang es der Landtagsfraktion, die roten Verwaltungschefs und Mandatsträger an Parteibeschlüsse zu binden. Geforderte, konkrete Schritte gegen Brüter und WAA erwiesen sich jedoch als nicht mehrheitsfähig. Bei einer Gegenstimme formulierten die Genossen in den Antrag für die VKA–Sitzung, daß der Brüter „aus ökonomischen, ökologischen und gesellschaftspolitischen Gründen nicht zu verantworten“ sei und die WAA sich damit erübrige. Dies ging dem Bottroper OB Ernst Wilczok noch zu weit, weil zu befürchten sei, daß die Kosten des Ausstiegs über eine Kürzung der RWE–Dividenden auf die finanzschwachen Kommunen abgewälzt werden könnten. Daß nur eine Stimme für die Atomlobby im VKA sprach, werten SPD–Linke als „Durchbruch in der Willensbildung der Partei“, geeignet, den Wahlkampf von Johannes Rau zu „entlasten und unterstützen“. BIs aus AKW–Standorten, Pseudokrupp–Initiativen, „Mütter gegen Atomkraft“ und die GAL Essen wollen morgen zwischen 10 und 17 Uhr vor dem RWE–Hauptgebäude und in der Innenstadt „diese VKA–Sitzung den Mitbürgern bewußt machen“.