Fromme Wünsche in europäischer Nahost–Politik

■ Festakt in Deutsch–Arabischer Gesellschaft / Gründung vor 20 Jahren war Reaktion auf pro–israelische Politik / Möllemann und Kreisky plädierten für internationale Nahostkonferenz mit PLO / Direktor der Arabischen Liga klagt erneut Heimatrecht der Palästinenser ein

Aus Bonn Georg Baltissen

Vor den fast vollzählig erschienenen arabischen Botschaftern, dem Bonner PLO–Vertreter Frangi, Altbundeskanzler Bruno Kreisky als Festredner und zahlreichen Gästen aus Politik und Wirtschaft sprach Jürgen Möllemann, Vorsitzender der Deutsch–Arabischen Gesellschaft und Staatsmi nister im Auswärtigen Amt, über die „deutsche Nahost–Politik in der gegenwärtig schwierigen Phase“. Überraschend deutlich befürwortete er die direkte Beteiligung der PLO an Friedensverhandlungen aus, deren Ziel die Rückgabe der besetzten Gebiete und die Verwirklichung des palästinensischen Selbstbestimmungsrechts sein müsse. Impli zite, aber unüberhörbare Kritik äußerte Möllemann an den US– Waffenlieferungen an Iran. Die einseitige pro–israelische Haltung in der Bundesrepublik Mitte der 60er Jahre war der eigentliche Auslöser für die Gründung der Gesellschaft. Nach der Aufdeckung der deutschen Waffenlieferungen an Israel im Jahre 1965 hatten die meisten arabi schen Länder die Beziehungen zu Bonn abgebrochen. Mit einer Goodwill–Tour durch Syrien, Jordanien, Ägypten und Libanon im Jahre 1969 brach die Deutsch– Arabische Gesellschaft erstmals das diplomatische Beziehungseis. Heute gehören der Deutsch–Arabischen Gesellschaft neben den arabischen Botschaftern und Journalisten ehemalige Minister wie Josef Ertl und Hans Jürgen Wischnewski an, der auch Vorsitzender des Beirats ist. In seiner mit Spannung erwarteten Rede zum Festakt äußerte der österreichische Altsozialist Bruno Kreisky die Befürchtung, daß die nächste militärische Konfrontation im Nahen Osten nicht mehr nur mit konventionellen Waffen ausgetragen würde. Für den Palästina–Konflikt will Kreisky erst mal „einen Tisch, von dem keiner mehr wegkann“. Inhalt der Verhandlungen - unter Teilnahme der Sowjetunion und der PLO - könnten die UN–Resolution 242, der Reagan–Plan und der Fez–Plan sein. Der Direktor der Arabischen Liga, Aziz Hacine, zeichnete die europäisch–arabischen Beziehungen in einem etwas dunkleren Licht. Solange das palästinensische Volk noch seiner Heimat beraubt sei, sei auch die Phase der Entkolonialisierung in Arabien nicht abgeschlossen. Daß der Einfluß der Deutsch–Arabischen Gesellschaft sich mit dem der Deutsch–Israelischen Gesellschaft nicht messen kann, liegt sicherlich durchaus nicht nur an deutschen Schuldkomplexen und schwieriger Vergangenheitsbewältigung. Allzuoft mangelt es ganz einfach an arabischer Politik.