piwik no script img

Streik der Studenten soll ausgedehnt werden

■ Weiterhin Hochstimmung an der Sorbonne / Generalstreik im gesamten Erziehungssektor geplant

Aus Paris Georg Blume

Hochstimmung und Entschlossenheit in der Sorbonne, Schweigen und Staunen in der Nationalversammlung - der Donnerstag abend in Paris zeigte unterschiedliche Gesichter, nachdem bekannt wurde, daß etwa eine halbe Million Schüler und Studenten am Nachmittag gegen die neue Universitätsreform demonstriert hatten. Hochstimmung in der Sorbonne - bis spät in die Nacht traf sich in einem dunklen Uni–Keller die nationale Koordination der Studenten, in der jede Uni fünf Stimmen hat. Hochschulminister Devaquet, so war klar, würde seine Reform nicht zurückziehen. Also wurde über den Fortlauf der Aktionen beraten. Präzise Diskussionsbeiträge, geradlinige Gesprächsleitung, viel Disziplin und kaum Zwischenrufe: die Entscheidungen fielen schnell. Ab Montag rufen die Studenten zur Besetzung der Universitäten auf, am Donnerstag zu einer erneuten Großdemo in Paris. Der Generalstreik soll bis zur Aufgabe der Reform fortgesetzt werden, und es soll versucht werden, gemeinsam mit Schülern, Lehrern und Dozenten einen Generalstreik im gesamten französischen Erziehungssektor zu organisieren. Alle Beschlüsse gingen als Vorschläge an die Vollversammlungen der Gymnasien und Universitäten, die in vielen Orten bereits gestern zusammentraten. Die nationale Koordination der Schülersprecher sollte ebenfalls tagen. Schweigen in der Nationalversammlung - die Parlamentarier, die eigentlich noch am Donnerstag über die Universitätsreform im Plenum beraten sollten, verschoben die Diskussion auf den Freitag abend. Hochschulminister Devaquet war das sicher recht. So standen die Abgeordneten an den Fenstern und betrachteten staunend die jugendlichen Massen vor dem Parlamentszaun. Der Rechtsradikale Le Pen wagte sich aus dem Haus und kam nach grellenden Pfiffen schnell wieder rein. „Ich ziehe aufrechte Jugendliche den Drogenabhängigen vor,“ kommentierte er gegenüber der taz. Die ehemalige sozialistische Frauenministerin Yvette Roudy hoffte: „Die wissen doch auf welcher Seite wir stehen.“ Am Freitagnachmittag warteten bereits wieder einige tausend Demonstranten auf das Eintreffen von Hochschulminister Devaquet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen