Opportunitätspolitik

■ Zum neuen Rentenabkommen mit der Türkei

Jahrelang war es geltendes Recht, daß sich türkische Arbeitsemigranten ihre Rente bei der Rückkehr in die Heimat nach einer zweijährigen Wartezeit als einmaligen Betrag auszahlen lassen konnten. Als die Bundesregierung 1984 befand, es seien zu viele Ausländer im Land, da hielt man es sogar für opportun, den türkischen „Gastarbeitern“ in der Rentenfrage noch ein Stück mehr entgegenzukommen: Wer sich bereit erklärte, der Bundesrepublik auf Nimmerwiedersehen den Rücken zu kehren, der sollte seinen Rentenanteil sofort mitnehmen können. Doch das war vor zwei Jahren! Heute scheint etwas anderes opportun: Eine Einigung mit der Türkei in der Rentenfrage, auf die der NATO–Partner nicht zuletzt auch aus Devisengründen seit langem drängt. Da wird in den Verhandlungen der Rentenexperten beider Länder ein kompliziertes Gesetz ausgehandelt, und man hält es zunächst nicht einmal für nötig, die Betroffenen davon zu informieren. Da bedurfte es erst der Intervention der Berliner Ausländerbeauftragten, daß die türkischen Rückkehrer nicht erst bei der Ankunft in der Heimat erfahren, daß Rentenexperten und Bürokraten ihre Zukunftsträume längst für ausgeträumt erklärt haben. Vera Gaserow