: Der DGB will keine Beziehungsarbeit leisten
■ Kommission zur politischen Aufarbeitung des Neuen–Heimat–Desasters vom Bundesvorstand abgelehnt / Hans Matthöfer wird neuer BGAG–Chef
Aus Berlin Martin Kempe Der Bundesvorstand des DGB hat auf seiner Sitzung am Dienstag die Einberufung eines außerordentlichen DGB–Bundeskongresses zur Problematik der Neuen Heimat abgelehnt. Darüber hinaus lehnte er auch den Vorschlag des Geschäftsführenden DGB–Bundesvorstandes ab, eine Kommission zu „Situation und Perspektiven der Gemeinwirtschaft“ einzusetzen. Gleichzeitig wurde beschlossen, daß der derzeitige Schatzmeister der SPD, Hans Matthöfer, Nachfolger des zurückgetretenen Alfons Lappas als Chef der gewerkschaftseigenen Holdinggesellschaft BGAG werden soll. Der DGB–Bundesausschuß hat am Mittwoch die Entscheidungen des Bundesvorstandes bestätigt. Nach dem Beschluß des Bundesvorstandes, in dem neben den Mitgliedern des Geschäftsführenden DGB–Bundesvorstandes auch die Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften mit Sitz und Stimme vertreten sind, wird es in nächster Zeit keine institutionalisierte Form der politischen Aufarbeitung des Neue–Heimat–Desasters in den Gewerkschaften geben. Der Geschäftsführende Bundesvorstand des DGB hatte vorgeschlagen, eine Kommission von sieben oder acht Mitgliedern des DGB–Vorstandes zu bilden. Mitglieder sollten neben dem für Gemeinwirtschaft zuständigen DGB–Vorstandsmitglied Helmut Teitzel auch die Vorsitzenden der wichtigsten Einzelgewerkschaften, Franz Steinkühler von der IG Metall und Monika Wulf–Mathies von der ÖTV, sein. Fortsetzung auf Seite 2 Gerade diese lehnten aber die vorgeschlagene Kommission ab. Steinkühler führte aus, daß derzeit die unternehmerische Lösung des NH–Problems anstünde. Erst wenn das ökonomische Problem gelöst sei, könne man an die politische Aufarbeitung gehen. Beobachter vermuten, daß Steinkühler sich wenige Monate vor einer weiteren Tarifrunde um die Wochenarbeitszeitverkürzung nicht in die Diskussion einbinden lassen will. Statt dessen hat der Bundesvorstand nun beschlossen, am 11. und 12. Februar 1987 in einer Klausurtagung die anstehenden Probleme zu beraten. Bei dieser Tagung werden die DGB–Vorständler den designierten BGAG–Chef Matthöfer hinzuziehen können, der am 1. Februar sein neues Amt antreten wird. Als Begründung für diese Frist wurde von Willy Brandt der laufende Wahlkampf genannt, in dem der SPD–Schatzmeister nicht abkömmlich sei. Im übrigen habe DGB–Chef Breit ihn, Brandt, „eindringlich“ gebeten, den 61jährigen Matthöfer freizugeben. Er sei, so Brandt, „eine der wenigen Persönlichkeiten, die über Parteigrenzen hinweg in Wirtschaft und Politik höchstes Ansehen genießen“. Wer ihn kenne, wisse, daß es selbstverständlich für ihn sei, daß er seine Aufgabe „unter anderen Bedingungen und mit einem anderen Gehalt wahrnehmen wird als sein Vorgänger“. Dieser Vorgänger, Lappas, hatte u.a. wegen seines aufwendigen Lebensstils und seines 735.000–DM–Jahresgehalts den Unwillen der gewerkschaftlichen Basis erregt. Berlins Bausenator Georg Wittwer (CDU) hat inzwischen angekündigt, daß in der Stadt schon in Kürze eine Auffanggesellschaft zur Übernahme der rund 22.000 Berliner NH–Wohnungen gegründet werden wird. Dies soll unter Beteiligung der gemeinnützigen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften DeGeWo und GSW geschehen, wie die Unternehmen jetzt indirekt bestätigten. Die Auffanggesellschaft, mit der der Berliner Senat langfristig die Gemeinnützigkeit des NH–Wohnungsbestandes an der Spree sichern will, befinde sich jedoch noch „in einem Schwebezustand“, heißt es. Keines der beiden städtischen Wohungsbauunternehmen will bisher in direkte Kaufverhandlungen mit der Hamburger NH–Zentrale oder der Gewerkschaftsholding BGAG eingetreten sein. Eine Zustimmung der eigenen Aufsichtsräte zu der sich anbahnenden Lösung stehe außerdem noch aus. Käme es zu der gemeinsamen Gesellschaft, entspräche das weitgehend den schon vor dem NH–Rückkauf entwickelten Vorstellungen der Berliner SPD. marke/thok
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen