Griechische Soldaten im Kampf gegen Müll

■ In Griechenland beginnt eine Streikwelle gegen das Austeritätsprogramm der Regierung Papandreou / Stetig sinkende Einkünfte der Arbeiter / Generalstreik im Januar geplant / Müllarbeiter wehren sich gegen Entlassungen / Regierung bleibt hart

Aus Athen Georg Schwarz

Drei Monate lang dauerte die Ruhe am griechischen Arbeitsmarkt - ohne Streiks, ohne Demonstrationen und ohne größere Arbeitermobilisierungen. Damit ist es nun vorbei. Heute sind die Arbeiter und Angestellten der drei griechischen Großstädte - Athen, Saloniki und Piräus - von ihren Gewerkschaften zu Kundgebungen aufgerufen worden. Am Donners tag streiken dann die Angestellten verlustbringender Betriebe, hierzulande kurz als die „Problematischen“ bekannt. Und kommenden Freitag wollen die Bauern die Zugangsstraßen zu den jeweiligen Provinzstädten mit ihren Traktoren blockieren. Der Höhepunkt der neuen Streikwelle jedoch ist Mitte Januar 1987 terminiert: Dann ruft der griechische Gewerkschaftsbund (G.S.E.E.) zu einem Generalstreik auf. Die Kaufkraft der Löhne nimmt seit 1983 ständig ab, allein in diesem Jahr hat sie zehn Prozent an Wert verloren. „1986 müssen die Lohnabhängigen die gesamte Summe sämtlicher Lohnerhöhungen der letzten acht Jahre zurückzahlen. Und zwar verzinst“, kommentiert die liberale Tageszeitung Ta Nea. Die Verringerung der Produktionskosten durch das Abbröckeln der Löhne war auch das Ziel des Stabilisierungsprogramms der Regierung vom Oktober 1985. Noch hofft Papandreou, damit die enorme Auslandsschuld des Landes von rund 18 Milliarden Dollar und die horrenden Defizite im Staatshaushalt ausgleichen zu können. Letzten Donnerstag ließ Wirtschaftsminister Kostas Simitis unverdrossen verkünden, das Austeritätsprogramm werde auch 1987 fortgesetzt. Aus Protest gegen die Entscheidung der Athener Regierung, „die defizitären Staatsbetriebe zu sanieren“, begannen bereits Anfang letzter Woche die Müllabfuhr–Arbeiter einen Streik. „Sanieren“ heißt nämlich, daß manche dieser Betriebe geschlossen, reprivatisiert oder ganze Produktionszweige eingestellt werden. Was die Müllarbeiter besonders trifft: etwa die Hälfte der 20.000 Arbeiter in der Abfallbeseitigung sollen nächstes Jahr entlassen werden. Deshalb weigern sie sich auch diese Woche, die Abfallberge zu beseitigen. Die dunkelgrauen Plastikabfallsäcke häufen sich an den Straßen, neben Laternensäulen angelegt oder an Wände gestützt, um die raren Bäume Athens oder zwischen parkenden Autos. In Zahlen ausgedrückt: in Athen sollen nach der kommunistischen Zeitung Rizospastis schon 8.000 Tonnen, in Saloniki 3.000 und in Piräus 1.500 Tonnen Abfall verstreut liegen. Dort wühlen herrenlose Hunde und Katzen hauptsächlich in der Nacht und zerreißen die dünnen Plastiktüten. Auch dies vermochte jedoch die Regierung nicht in Verlegenheit zu bringen. Das staatliche Fernsehen hat am Sonntag abend fröhlich angekündigt: den Kampf gegen die Abfallberge und gegen die wahrscheinliche Epidemien–Gefahr übernehmen ab sofort die griechischen Soldaten.