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„Bombenverbindung“ zu Strauß

■ Der Grünen–Landtagsabgeordnete Jakob befürchtet Durchbruch für die Plutoniumwirtschaft nach den Bundestagswahlen / BI–Hanau schreibt an Börner / Koalitionsbruch in Hessen möglich

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Hanau (taz) - Die Hanauer Bürgerinitiative „Umweltschutz“, seit Jahren Motor im Kampf gegen die Hanauer Nuklearfabriken, hat gestern im Rahmen einer Pressekonferenz einen Offenen Brief an den hessischen Ministerpräsidenten Holger Börner vorgestellt. Börner, so die BI, mache sich mitschuldig an der täglich zunehmenden Gefahr, daß „irgendwo in der Bundesrepublik oder anderswo“ eine Bombe aus Hanauer Material gebaut werden könne, falls die ALKEM weiter plutoniumhaltige Brennelemente produzieren dürfe: „Die für Hanau beantragte Plutonium–Spezifikationen entsprechen den Kriterien des in den USA als Waffen–Plutonium bezeichneten Materials. Die jetzt von Wirtschaftsminister Steger vorgesehene Menge von 460 kg Plutonium als Lager– und Verarbeitungskapazität reicht zur Herstellung von zehn bis 30 atomaren Sprengköpfen aus.“ Darüber hinaus spricht die BI gegenüber Börner von einer „arglistigen Täuschung“, wenn Steger behaupte, daß mit der Genehmigung der derzeitigen Verarbeitungsmenge von 460 kg Plutonium der Einstieg in die Plutoniumwirtschaft verhindert werde. Die von Steger vorangekündigte, bis 1996 befristete Genehmigung erlaube es der ALKEM im Gegenteil, in Ruhe - im Rahmen der WAA in Wackersdorf, die 1994 in Betrieb gehen soll - dort eine Brennelementefabrik für Mischoxydbrennelemente zu bauen. Mit dem bundespolitischen Aspekt der Steger–Entscheidung wollte sich in Hanau auch der Landtagsabgeordnete der Grünen, Franz Jakob, befassen. Doch Jakob blieb im Taunus in einer Schneeverwehung stecken. In seiner von Elmar Diez (BI) vorgetragenen schriftlichen Erklärung wirft der Abgeordnete den Sozialdemokraten vor, die Koalition über die ALKEM–Genehmigung „aushebeln“ zu wollen. Steger habe - „mit Billigung der Staatskanzlei“ - in voller Absicht gehandelt. Das, was Steger und auch Börner anstrebten, sei die „Wegbereitung in den Plutoniumstaat“. Für den möglichen Fall, daß Franz Josef Strauß Außenminister in Bonn werden sollte, befürchtet Jakob gar den großtechnologischen Ausbau der Plutoniumwirtschaft. Jakob: „Strauß als Außenminister, und die ALKEM in Hanau und in Wackersdorf - eine Bombenverbindung.“ Jakob forderte den sofortigen Koalitionsbruch in Wiesbaden, falls die SPD von ihren Vorstellungen nicht mehr abrücken sollte.

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