Athener Arbeitnehmer gegen Papandreous sozialen Kahlschlag

■ Heute streiken Bankangestellte, für Montag Generalstreik angesagt / Protest gegen Papandreous erfolgloses Stabilisierungsprogramm / Hämische Pressekommentare:“PASOK out“

Aus Athen Georg Schwarz

In Griechenland blasen die Arbeitnehmer zum Sturm. Morgen wollen die Bankangestellten für eine Woche in den Ausstand treten, für den 16. Februar haben die Dachorganisation der Angestellten sowie der Dachverband der Arbeitergewerkschaften zum Generalstreik aufgerufen. Die Bauern wollen Mittwoch nächster Woche die Straßen der griechischen Hauptstadt blockieren, und die Müllarbeiter ab nächster Woche wieder einmal die Abfälle nicht mehr wegräumen. Der Protest gilt dem wirtschaftlichen Stabililisierungsprogramm der sozialistischen Regierung, das einen absoluten Lohnstopp enthält. Er kostete für die Lohnempfänger bislang mehr als 20 Prozent ihrer Kaufkraft. Angesichts einer Inflationsrate von 16,9 Prozent und einer Arbeitslosenrate von 9,3 Prozent mit steigender Tendenz wollen die regierungsfreundlichen Gewerkschaften nun die Anpassung der Löhne an die Teuerung sowie die Sicherung der Arbeitsplätze erzwingen. Die Oppositionsgewerkschaften gehen weiter: sie fordern die Aufhebung des gesamten Stabilisierungsprogramms. Der Adressat der Proteste, Regierungschef Andreas Papandreou (PASOK), zeigt sich bislang jedoch wenig beeindruckt. Anfang Februar reiste er ins schweizerische Davos zum jährlichen Stelldichein multinationaler Unternehmer und hob dort zur Schelte seiner griechischen Opponenten an: „Absurde oder überholte Ideologien dürfen für die Entwicklung unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit kein Hindernis sein“. Die Gewerkschafter im heimatlichen Griechenland müßten deshalb gewarnt werden: Wer sich schon in feudalen Attikawohnungen mit Akropolisblick eingerichtet hätte, besäße kein Recht, das Wirtschaftsleben des Landes lahmzulegen. Die angesprochenen Gewerkschaften der Staatsangestellten reagierten prompt: „Unter uns gibt es weder Davos–Touristen noch Besitzer von teuren Attika– Wohnungen“ erklärten sie. Die Bankangestellten schlossen sich an. Und als vergangene Woche das Kabinett umgebildet wurde, die noch verbliebenen Linken entlassen und der Wirtschaftsminister Simitis sowie der berüchtigte Minister für Öffentliche Ordnung, Drossojiannis, gestärkt wurden, kommentierte die Presse: „Davos in, PASOK out“. Das bislang demonstrierte Desinteresse der Regierung gegenüber den Arbeiterprotesten könnte sich freilich in Zukunft als Fehler erweisen: Die Forderung der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia nach Neuwahlen findet immer mehr Unterstützer.