I N T E R V I E W „Wir sitzen in der Mitte des Bundestages“

■ Der CSU–Bundestagsabgeordnete Dr. Eicke Götz will mit seinen Fraktionskollegen die Sitze der Grünen–Bundestagsfraktion blockieren

taz: Herr Dr. Götz, Sie planen in einer der nächsten Sitzungen zusammen mit einigen Fraktionskollegen in der Mitte des Parlaments Platz zu nehmen, um die Grünen auf andere Plätze zu verweisen. Ist das jetzt eine Sitzblockade, die Sie da planen? Götz: Ich würde das nicht als Sitzblockade bezeichnen, sondern als einen Ausdruck meiner persönlichen Einstellung zu den Grünen im Deutschen Bundestag, die ja erklärt haben, daß sie das Volkszählungsgesetz boykottieren wollen. Eine solche Partei kann sich nicht in der Mitte des Deutschen Bundestags aufhalten und müßte infolgedessen durch Geschäftsordnungsbeschluß an einen rechteren oder linkeren Rand gesetzt werden. Was nicht durch Geschäftsordnung erfolgen kann, da sich hierzu keine Mehrheit findet. Nun kann man Sie zu Aktionsformen beglückwünschen, die Sie bei Anhängern der Grünen oder der Friedensbewegung abge schaut haben. Nämlich zu einer Blockade, zu einer Sitzblockade. Ich sehe das nicht als Sitzblockade an, weil hier niemand behindert wird. Sie haben genügend Plätze im Deutschen Bundestag, wohin sich die Kollegen setzen können. Ich bin vor allem der Meinung, daß man gegen undemokratische Methoden auch gelegentlich mit Methoden vorgehen muß, die die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, was hier tatsächlich gespielt wird. Ist das jetzt eine demokratische Aktion, jemand den Platz streitig zu machen, den er eigentlich zugewiesen bekommen hat? Es hat niemand im Deutschen Bundestag einen bestimmten Platz zugewiesen bekommen, keine einzelne Person, sondern es gibt Fraktionen, die in bestimmten Bereichen des Saales plaziert werden. Wie würden Sie das einordnen? Ist das gewaltfrei oder ...? Das ist absolut gewaltfrei, weil sich ja je der seinen Platz frei aussuchen kann. Natürlich ist es keinem möglich, sich dorthin zu setzen, wo bereits jemand sitzt. Was hätten Sie denn getan, wenn sich die Fraktionen auf die Fraktionsplätze der CDU gesetzt hätten? Dann hätte ich mich daneben gesetzt. An den rechten oder linken Rand? Ja, selbstverständlich eben da, wo noch freigewesen wäre. D.h., Ihnen und Ihren Kollegen ist es eigentlich egal, wo Sie selbst sitzen? Es ist uns nicht egal, wir sitzen in der Mitte des Deutschen Bundestages. Was passiert denn nun, wenn die Grünen schon da sind, wo Sie sich hinsetzen wollen? Dann setzen wir uns eben das nächste Mal da hin, wenn sie nicht da sind. Und wenn die Grünen darauf bestehen, daß man ihnen die Plätze wieder gibt? Dann müßten sie mich von dem Platz wegbringen, auf dem ich sitze. Wegtragen? (Lacht). Ich weiß nicht, wie sie das machen wollen. Ja, bei Sitzblockaden kommt die Polizei und trägt die Leute weg. Wenn sie sich in einem Kino einen Platz heraussuchen und sind der erste, dann kann kein anderer den Platz erzwingen. Dann würden alle Fraktionen quer durcheinander sitzen? Das ist prinzipiell richtig, wir haben im Deutschen Bundestag nur freigewählte Abgeordnete, die ihrem Gewissen verpflichtet sind, und da kann sich im Prinzip jeder hinsetzen, wo er möchte. Na, das ist aber chaotisch bei Ihnen! Das ist nicht chaotisch, ich bin ein freigewählter Abgeordneter, ich entscheide zunächst mal persönlich, wo ich sitzen kann oder möchte, nämlich in der Reihenfolge des Zugangs zum Deutschen Bundestag. Das Interview führte Vera Gaserow