Das coming out des Johnny „Pistolero“ Klein

■ Eine, die zusammen mit Hans Klein die Bundestagsbank gedrückt hat, charakterisiert für die taz den neuen Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit / Für den Rechtsaußen gilt die Devisen: Je Klarer die Fronten, desto lustiger / Ihn langweilt Politik, die zu nichts führt / Der Mann ist nicht dumm DAS WIRTSCHAFTSPORTRÄT

Johnny Klein, der Pistolero, wie ihn die Opposition immer liebevoll nennt, ist anders als andere Abgeordnete. Ein Mann von Format in seinen besten Jahren, ohne konturlosen Schmierbauch und immer gut gekleidet. Seine ihn stets begleitende Fliege hält, was er sich von ihr verspricht, und sein grau melierter Bart unterstreicht sein tadelloses Aussehen. Johnny glaubt an sich und hat allen Grund dazu. Als radikaler Rechtsaußen gab er für seine Partei, der CSU, den außenpolitischen Sprecher ab. Er ist Globalstratege und orientiert sich bei allen politischen Fragen immer nur an einem Kriterium: Wo ist die äußerst rechte Position? Die gilt es einzunehmen. Johnny verliert sich nicht in Details und verzettelt sich nicht in Kompromissen. Er bezieht Position und faselt nicht rum. Die Tatsache, daß der Pistolero unbewaffnet ist, ist keineswegs ein Indiz für seine Gewaltfreiheit. Johnny ist ein Bollwerk gegen die drohende Gefahr des weltweiten Kommunismus. Der Zweck heiligt die Mittel und Menschenrechte sind Käse. Themen für Spinner. Johnny ist Politiker und zwar ein sehr sportlicher. Er teilt gerne aus und genießt den Kampf. Am liebsten rauft er sich mit dem Koalitionspartner FDP. Frau Hamm–Brücher ist unter seinem Niveau, aber Staatsminister Möllemann ließ er gerne in sein offenes Messer laufen. Das Duell Möllemann–Klein im Auswärtigen Ausschuß war immer ein be sonderer Genuß. Während Johnny sich genüßlich lächelnd in seinem Sessel nach hinten lehnt und den Staatsminister auf die unentschlossene und undefinierte Außenpolitik der Bundesregierung gegenüber Südafrika hinweist, versucht der Staatsminister verkrampft, den Liberalen zu mimen und sucht nach Argumenten, warum die Bundesregierung den Apartheidstaat nicht unterstützen kann. Nein, nein, Johnny kann man nicht täuschen. Er hat ein feines Gespür. Und daß der Herr Staatsminister rumeiert und nicht ganz die Wahrheit sagt, merkt Johnny sofort. Zumal sich die beiden Kontrahenten so ähnlich sind von der Persönlichkeitsstruktur. Nein, Johnny hat ein aufrichtiges Wesen und ist offen. Er hatte seine helle Freude, wenn die Grünen im Ausschuß ihre skurrilen Anträge begründeten. Nein, nein, was es für Positionen gibt! Und wie engagiert heute wieder die Opposition ist! Das macht Johnny Spaß. Je klarer die Fronten, desto lustiger. Und wieder eine Falle gestellt, und die blöden Sozis wieder reingetrampelt. Ist das heute ein Tag! Politik muß Spaß machen, sagen die Alternativen. Findet Johnny auch. Und wie das so ist nach einem guten Match im Bundestag, gratuliert er als Verlierer nach Punkten: „Meine Hochachtung, Frau Kollegin, da haben Sie mir in der Debatte aber ordentlich eins übergebraten!“ Lächelt und bereitet die nächste Sauerei vor. Was ihn langweilt ist Politik, die zu nichts führt. EG–Politik, wem soll das was bringen? Da leiht er sich im Auswärtigen Ausschuß lieber die taz von der Frau Kollegin von den Grünen und provoziert den Rest der Versammlung, besonders Möllemann, der gerade doziert. Ach, Johnny ist eine Kanone. Und dabei kaum eingebildet. Er ist charmant, höflich, zuvorkommend und überhaupt nicht distanziert. Besonders den Damen gegenüber ist er stets Kavalier. Da läßt er sich nicht auf politische Grabenkämpfe ein, sondern ist korrekt und aufmerksam. „Frau Kollegin, darf ich Ihnen sagen, daß sie wunderschöne Beine haben?“. Ein bißchen gelitten hat er wohl immer, weil die Koalitionsparteien seine politische Gradlinigkeit nicht richtig gewürdigt haben, weil sie sie richtig einschätzten. In der Bundestagsdebatte zur Unterstützung der antisandinistischen Contra 1986 durfte anstelle von Johnny der liberale Christdemokrat Lamers reden und nicht der Spezialist Johnny. „Von den eigenen Leuten aus dem Verkehr gezogen, Herr Klein, wo die Contra doch ihr Spezialgebiet ist?“ Er lächelt säuerlich und bestätigt auf Nachfrage: „Frau Kollegin, natürlich bin ich für die Contra, gute Jungs“. Johnny setzt immer aufs Ganze. Geißler faselt über Unterdrückung in Chile, Johnny lobt Pinochet für seinen entschlossenen Kampf gegen den Terrorismus, von links - versteht sich. Der UNITA–Führer Savimbi in Angola mag ein Schwein sein, das weiß Johnny längst, aber die UNITA muß unterstützt werden. Dafür legt sich Johnny krumm. Ja, ja, Südafrika ist ein Apartheidstaat und die von Südafrika unterstützten Killerbanden der MNR in Mozambique sind Schweinebanden. Na und? Johnny ist Politiker und kein Moralist. Und die Weltpolitik verlangt ihren Tribut. Was gemacht werden muß, muß gemacht werden, und sei es von Johnny Klein. Und da kneift er nicht. Was anderen zu schmutzig ist, das macht er gern. Und Menschenrechtsverletzungen da und dort. Ja, ja, das weiß er alles, da läuft man bei Johnny offene Türen ein. Das interessiert ihn einfach nicht. Daß linke Befreiungsbewegungen keine Terroristenorganisationen sind, weiß Johnny auch. Aber so kann man sie am besten bekämpfen. Mit Aufklärung braucht man Johnny nicht zu kommen. Er ist nicht dumm, nein, er ist einfach ultra brutal rechts. Und nun ist er eben Minister und aus dem Schatten ins Licht getreten. Als geborener Staatsmann kann er sich seinen Kindheitstraum erfüllen und von oberer Warte dem liberalen Außenminister in die Suppe spucken. Denen wird er Dampf machen, daß es nur so raucht. Nix Entspannung. Ost– West, heißt die Devise, egal über welches Ministerium. Kampf dem Kommunismus, weltweit, mit Johnny Klein an vorderster Front. Und so einfältig wie der ausrangierte Minister Warnke ist der Terrier Klein nicht. Strauß macht nicht zweimal den gleichen Fehler. Und die Entwicklungspolitik als solche? Da bleibt die Kontinuität gewahrt. Johnny Pistolero versteht von ihr mindestens genau so wenig wie der alte Minister. Na denn - Prost Mahlzeit. Gaby Gottwald Ex–MdB, Die Grünen