I N T E R V I E W „Die Entscheidung trage ich nicht“

■ Hermann Heinemann, SPD–Arbeitsminister in NRW, kritisiert die Berufung der neuen SPD–Sprecherin Mathiopoulos

taz: Herr Heinemann, was sind Ihre Haupteinwände gegen die von Willy Brandt berufene neue Sprecherin? Heinemann: Ich bin der Auffassung, daß man für eine solch herausgehobene Funktion eine Frau oder einen Mann mit sozialdemokratischem Stallgeruch nehmen muß. Es ist den Mitgliedern nicht zu vermitteln, daß die Frau, die jetzt die Positionen der SPD nach draußen darstellen soll, nicht Mitglied ist und bis heute kaum Beziehungen zur sozialdemokratischen Partei hatte. Wie kann ich unsere Parteimitglieder für die Mitgliederwerbung gewinnen, wenn ich auf der anderen Seite in Schlüsselstellungen parteipolitisch ungebundene Menschen einsetze. Wie erklären Sie sich die Zustimmung von Johannes Rau zu dieser Nominierung? Was im Präsidium gelaufen ist, kann ich im einzelnen nicht übersehen. Es war ein Vor schlag des Vorsitzenden. Wie ich Johannes Rau, kenne wird er das Recht des Vorsitzenden, den Pressesprecher zu benennen, dem Vorsitzenden nicht streitig machen wollen. Ich glaube, das war sein Hauptmotiv. Sie haben gesagt, die Nachfolge von Willy Brandt müßte innerhalb der nächsten Wochen entschieden werden. Ich fordere nicht den sofortigen Rücktritt von Willy Brandt. Willy Brandt ist für zwei Jahre gewählt worden, und ich bin nicht der Auffassung, daß hier ein außerordentlicher Parteitag kurzfristig entscheiden sollte. Er hat selbst die Nachfolgediskussion begonnen - zu einem Zeitpunkt, den ich für falsch gehalten habe -, und die Partei will wissen, wer nach Willy Brandt den Vorsitz innehat. Um nicht weiter immer die Themen des politischen Gegners durch Beschäftigung mit der eigenen Partei aus der Diskussion herauszudrängen, sollte man den Nachfolger jetzt benennen, wohl wissend, daß erst auf dem nächsten ordentlichen Parteitag die Wahl dieses Nachfolgers erfolgt. Wer in der SPD soll die Nachfolge regeln? Zunächst erwarte ich erst mal einen Vorschlag des Vorsitzenden und seiner beiden Stellvertreter. Es ist dann das Präsidium, der Vorstand und der Parteirat damit zu beschäftigen. Es sind zwei Leute im Gespräch, und auf einen davon sollte man sich verständigen. Was erwarten Sie von der Vorstandssitzung am Montag? Ich kann ihnen sagen, was ich tun werde. Ich werde sagen, daß ich diese Entscheidung nicht mittragen kann. Bisher hat das Präsidium solche Personalentscheidungen in eigener Verantwortung getroffen. Ich kann Rechte von Parteigliederungen nicht in Frage stellen, aber ich habe das Recht, Entscheidungen zu kritisieren, und das werde ich tun. Das Interview führte Jakob Sonnenschein