Thälmann–Urteil aufgehoben

■ Bundesgerichtshof hält die Schuld des SS–Mannes Otto am Tod Thälmanns nicht für erwiesen

Karlsruhe (ap) - Auch 43 Jahre nach der Tat wird die Ermordung des früheren KPD–Vorsitzenden Ernst Thälmann im Konzentrationslager Buchenwald weiter die Gerichte beschäftigen. Der Bundesgerichtshof hob am Mittwoch das Urteil des Krefelder Landgerichts gegen den pensionierten Lehrer Wolfgang Otto wegen Beihilfe zum Mord auf und verwies das Verfahren an das Landesgericht in Düsseldorf. Der Vorsitzende Richter des Dritten Strafsenats, Hans Wolfgang Schmidt, erklärte, die Schlußfolgerungen der Krefelder Kammer hielten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Otto war im Mai 1985 zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Krefelder Richter waren davon ausgegangen, daß Otto als Leiter der Schreibstube davon gewußt haben muß, daß Thälmann im August 1944 umgebracht werden sollte. Außerdem hat ein jetzt nicht mehr vernehmungsfähiger Zeuge vor 25 Jahren erklärt, daß Otto an der Erschießung beteiligt gewesen sei. „Kein noch lebender Zeuge hat den Angeklagten am Tatort gesehen“, sagte Bundesrichter Schmidt. Die Zugehörigkeit Ottos zum Lagerpersonal und seine Beteiligung an anderen Taten genügten nicht, um ihm auch die vorgeworfene Tat zuzutrauen. Fortsetzung auf Seite 2 Allein, daß Otto in der Schreibstube tätig gewesen sei, „könne niemals ausreichen“, ihn der Beteiligung an dem Mord für schuldig zu befinden. Auch die Verteidiger Ottos haben in ihrer mündlichen Begründung der Revision kritisiert, daß die Krefelder Kammer die Anwesenheit des Angeklagten am Tatort aus der Funktion im Lager ge schlossen habe. „Wie klein darf das Rädchen in solch einer Maschinerie sein, daß von einem Tatbeitrag noch die Rede sein kann“, sagte einer der beiden Verteidiger. „Ich hätte mir gewünscht, daß in einem anderen Verfahren als in dieser Art auf die Beweiswürdigung eingegangen worden wäre“, sagte Rechtsanwalt Heinrich Hannover in Vertretung der Nebenklägerin, der Tochter Thälmanns, mit Blick auf die Prozesse gegen Peter Jürgen Boock. Dieser sei der Ermordung des Arbeitgeberprä sidenten Hanns–Martin Schleyer für mitverantwortlich befunden worden, obwohl er krank in Bagdad gewesen sei, als Schleyer im Elsaß getötet worden war. „Herr Otto hat als unverzichtbares Rädchen in der Tötungsmaschinerie einen unverzichtbaren Beitrag geleistet, auch unabhängig davon, ob er am Tatort war oder nicht“, fuhr der Anwalt fort. Az.: 3 StR 574 aus 86