Alfred–Kerr–Preis für Nürnberger plärrer

■ Das ehemals alternative Stadtmagazin erhält mit der Auszeichnung ein Lob für „freche und widerborstige“ Literaturkritik / Honorierung der Anpassung an Yuppie–Geschmack?

Berlin (taz) - Der mit 5.000 Mark dotierte Preis für Literaturkritik des Börsenblatts für den deutschen Buchhandel geht in diesem Jahr an die Kulturredaktion des Nürnberger Stadtmagazins plärrer. In der Begründung der Jury wurde u.a. auf die Unbekümmertheit des plärrer um die „Verabredung der etablierten Literaturkritik“ hingewiesen und hervorgehoben, daß es der plärrer–Redaktion gelinge, „frech und widerborstig die Grenzen von Kultur und Subkultur zu verwischen“. Die Verwischung geschah durch Umwandlung des Kollektiv–Projekts in eine GmbH, durch Einstellung einer Geschäftsführerin und Umstellung auf Hochglanz. Herausgekommen ist dabei ein „Regional–Tempo“, der sich in nichts von anderen Stadtmagazinen unterscheidet und systematisch politischen Themen aus dem Weg geht. Bekannt geworden war der plärrer durch Veröffentlichung der Anklageschrift nach den Massenverhaftungen im Nürnberger KOM. Damals war das Blatt noch an konkret ausgerichtet. Von den Gründungsmitgliedern ging einer zu den Grünen, ein anderer zum lokalen Privatsender. Die Verwischung von politischer Subkultur und Kulturbetriebs–Teilnahme ging einher mit einer Ausweitung des Kulturteils, in dem - wie in anderen Stadtmagazinen auch - querbeet Zeitgeist– Themen aufgerissen bzw. abgehackt werden. Die Jury des Alfred–Kerr–Preises bezeichnete dies als „frech und widerborstig“. Entweder kennen die Juroren von allen ehemals alternativen Zeitschriften– Projekten nur den plärrer, oder sie wollten mit dem Preis die Anpassungsleistung des Nürnberger Magazins an den Yuppie–Geschmack honorieren. Da gleichzeitig die etablierten Medien in der BRD vermehrt linke Journalisten einstellen, sollte wohl mit der Preisverleihung an den plärrer die allgemeine Grenzverwischung beschleunigt werden. H.H.