: Mutmaßliche Attentäter verhaftet
■ Der Französische Geheimdienst nahm acht angebliche Terroristen in Paris fest / Ein Zusammenhang mit den in der BRD einsitzenden Brüdern Hamadeh wird vermutet / Tunesien brach seine Beziehungen zum Iran ab
Aus Paris Georg Blume
Das orientalische Spezialitäten– Restaurant in der Rue de Chartres im 18. Arrondissement hat seinen Chef verloren. Mohamed Aissa, ein Terrorist? Die Nachbarn wollen es nicht begreifen: „Das ist der Typ, dem du die Frau über Nacht ohne Sorgen lassen kannst.“ - „Das kann kein Terrorist sein. Der hat sich seit 20 Jahren an keiner Kneipenprügelei beteiligt.“ Der Tunesier Mohamed Aissa wurde bereits am Samstag in Paris zusammen mit fünf Landsmän nern, einem Franzosen algerischer Herkunft und einem Libanesen namens Mohamed Mouhajer von Beamten des französischen Geheimdienstes DST festgenommen. Seit Donnerstag sitzen die acht Männer nun im französischen Knast, angeklagt der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und des unerlaubten Waffen– und Sprengstoffbesitzes. Und niemand will mehr bezweifeln - mit Ausnahme der Bewohner der Rue de Chartres vielleicht -, daß der französische Innenminister Charles Pasqua, dem der DST unter steht, seinen bisher größten „anti– terroristischen“ Coup gelandet hat. Denn im Gegensatz zu Mohamed Aissa ist Mohamed Moujaher kein Unbekannter. Er gilt als eines der Gründungsmitglieder der fundamentalistischen, pro–iranischen Hizballah im Libanon, und ihm werden nicht nur beste Verbindungen zu iranischen Regierungskreisen, sondern auch zu den libanesischen Geiselnehmern der Jihad Islamique nachgesagt. Zudem ließ er sich nun mit zwölf Litern Sprengstoffflüssigkeit erwischen, und es klingt glaubwürdig, wenn das französische Innenministerium behauptet, er und seine Begleiter bereiteten sich gerade auf die Verübung neuer Attentate in Frankreich vor. Auf die Spur gekommen ist man Moujaher aufgrund von Hinweisen vom bundesdeutschen Bundeskriminalamt. Anscheinend zeigen hier die Vernehmungen der beiden in der Bundesrepublik festgenommenen Hamadeh–Brüder ihre ersten Wirkungen. In der Tat stellte der DST fest, das die bei Moujaher und Mohamed Ali Hamadeh festgestellten Sprengstoffe vom gleichen Fabrikat und auf gleiche Art verpackt sind. In Frankreich wurde die Festnahme von Moujaher von einem BKA– Beamten begleitet. Weiterhin entdeckte der DST in der Wohnung von einem der Festgenommenen Wecker und Elektrovorrichtungen zum Bau von Zeitbomben. Die Gerüchte, nach denen es sich bei den acht Männern um die Gruppe des „Solidaritätskomitees für die arabischen politischen Gefangenen“ (CSPPA) handelt, die im September letzten Jahres die blindwütigen Anschläge in Paris verübte, bei denen mehrere Menschen ums Leben kamen, konnten nicht bestätigt werden. Die Tatsache, daß für den Untersuchungsbericht nicht jener Richter bestellt wurde, der bereits mit der Untersuchung der September–Attentate beauftragt war, spricht gegen die Gerüchte. Nach den Festnahmen brach Tunesien noch am Donnerstag seine diplomatischen Beziehungen mit dem Iran ab. Auch wenn man den direkten Zusammenhang mit der Mouhajer–Affaire leugnete, beschuldigte die tunesische Regierung in der Begründung ihrer Entscheidung den Iran, „Tunesier rekrutiert zu haben, um sie zu terroristischen Aktivitäten zu bewegen“. Die internationale Dimension der Affaire ist damit kaum mehr zu leugnen.
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