I N T E R V I E W „Wir wollten das Öko–Institut nie beteiligen“

■ Der nordrhein–westfälische Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen (SPD) zum Hin und Her um die Beteiligung des Darmstädter Öko–Instituts bei der sicherheitstechnischen Überprüfung der AKWs

taz: Herr Minister, im Oktober 86 kündigten Sie eine sicherheitstechnische Überprüfung der nordrhein–westfälischen Atomanlagen an. Damals legten Sie Wert auf die Mitarbeit „qualifizierter Kritiker der Kernenergie“. Ende Februar erklärten Sie, das Öko–Institut zu beteiligen. Dann schlossen Sie es wieder aus, und heute appellieren Sie vor der Presse eindringlich an das Öko–Institut, an der Überprüfung mitzuwirken. Reimut Jochimsen: Wir haben nie vorgehabt, das Öko–Institut als Gutachter zu beteiligen, sondern Herrn Prof. Benecke gebeten, im Rahmen seines Auftrages zu prüfen, ob ein geeigneter Mitarbeiter des Öko–Instituts zur Verfügung steht. Dabei waren naturgemäß die Mitarbeiter auszuschließen, die schon in anhängigen Gerichtsverfahren auf der Klägerseite aufgetreten sind. Andere Gutachter, vornehmlich Befürworter der Atomenergie, arbeiten gleichzeitig für Hersteller, Betreiber, TÜV oder Behörde. Haben Sie nicht nur einen Vorwand gesucht, wissenschaftlich legitimierte Atomkraftkritiker zu disqualifizieren? Ganz und gar nicht. Man kann nur Personen beauftragen, die unmittelbar Erfahrungen in die Expertise einbringen und nicht im Sinne der Befangenheit verbraucht sind. Das ist juristisch einwandfrei. Es muß sichergestellt werden, daß die Sachverständigen den Anforderungen des Atomgesetzes genügen. Haben nicht die Betreiber Sie erfolgreich unter Druck gesetzt mit der ausdrücklichen Forderung, bestimmte Wissenschaftler vom Projekt auszuschließen? Nein, in keiner Weise. Es war von vornherein klar, daß wir im Rahmen des Atomgesetzes Sachverständige auswählen, die fachlich kompetent sind und das gesamte Spektrum ihres Wissens einbringen. Jetzt haben die Betreiber geäußert, daß sie offenbar einige unserer Auffassungen nicht richtig verstanden hätten. Es ist also im Gegenteil so: Die Betreiber haben sich endlich auf meine Basis gestellt und nicht umgekehrt. Wenn Sie von Anfang an wußten, daß Mitarbeiter des Öko–Instituts nicht dem Atomgesetz genügen, Sie aber trotzdem Wert auf „kritischen Sachverstand“ legen, warum haben Sie dann nicht schon längst andere Reaktorsicherheitsexperten zum Beispiel aus Bremen oder Hannover angesprochen? Ich bat Klaus Traube um Mitarbeit, er lehnte ab vor dem Hintergrund seiner Stellungnahmen zu Würgassen. So viele Sachverständige gibt es auf diesem Gebiet nicht. Halten Sie überhaupt fundierte Ergebnisse für möglich, wenn fünf Monate vor Abschluß der Studie neun Gutachter noch nicht mal Prüfkriterien entwickelt haben? Bei uns geht Gediegenheit vor Schnelligkeit. Ich lege allergrößten Wert darauf, daß es eine umfassende und verläßliche Überprüfung wird. Wir werden uns mit der gebotenen Distanz ansehen, ob die deutsche Sicherheitsphilosophie ausreicht. Interview: Petra Bornhöft