Ausländer wegen AIDS ausgewiesen

■ Kongolesischem Stipendiaten der Carl–Duisberg–Gesellschaft wurde der weitere Aufenthalt wegen „Gefährdung der öffentlichen Gesundheit“ verweigert

Aus Heidelberg Rolf Gramm

Der kongolesische Stipendiat Honore B. wurde 1985 durch die Saarbrücker Ausländerbehörde ausgewiesen, weil er an AIDS erkrankte. Das von ihm angerufene Verwaltungsgericht des Saar lands in Saarlouis sah „die sofortige Entfernung des Ausländers aus Gründen der öffentlichen Gesundheit“ als „dringend geboten“. Nach Angaben des Leiters der Saarbrücker Ausländerbehörde, Herrmann, der die Ausweisung seinerzeit betrieben hatte, handelt es sich um keinen Einzelfall: Etwa 15 bis 20mal habe seine Behörde bislang AIDS–kranke oder -infizierte Ausländer ausgewiesen, erklärte Herrmann gestern gegenüber der taz. Honore B. sei aber der einzige, bei dem ein Gerichtsbeschluß notwendig wurde. Ein Ausländer, so argumentierte das Verwaltungsgericht des Saarlands in seinem der taz vorliegenden Beschluß, könne ausgewiesen werden, „wenn er die öffentliche Gesundheit oder Sittlichkeit gefährdet“. Dieser Tatbestand sei bei Honore B. erfüllt. Fortsetzung auf Seite 2 Er leide unter der ansteckenden Immunerkrankung, die unter der abgekürzten englischen Bezeichnung „AIDS bekannt geworden ist“. Auch wenn diese Krankheit bislang im Bundesseuchengesetz nicht enthalten sei, bestehe kein Zweifel, „daß es sich dabei um eine übertragbare Krankheit im Sinne dieses Gesetzes handelt“. Eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit müsse daher angenommen werden. Es gebe keine schwerwiegenden privaten Belange Honore B.s, die „das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung“ überwögen. Das Gericht sah bei Honore B. gar die Besorgnis gerechtfertigt, daß die von ihm ausgehende Ge fahr „sich schon während der Zeit realisieren werde“, die bis zur Entscheidung über von ihm eingelegte Rechtsmittel noch vergehen werde. Eine aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs könne ihm daher nicht zugestanden werden. Der Sofortvollzug der Ausweisung sei „das geeignete Mittel, um weitere Gesundheitsgefahren für die Allgemeinheit abzuwenden“. (AZ: 10 F 35/85) Honore B. war bis zu seiner Ausweisung seit etwa fünf Monaten als Stipendiat bei der Saarbrücker Carl–Duisberg–Gesellschaft in Ausbildung. Sein damaliger Anwalt und eine Bekannte des Ausgewiesenen schildern die Vorgänge gegenüber der taz folgendermaßen: Das Virus sei bei Honore B. anläßlich eines Aufenthalts in der Homburger Uniklinik festgestellt worden. Davon habe der Ausbildungsträger, die Saar brücker Carl–Duisberg–Gesellschaft, erfahren und ihn daraufhin zur Ausreise aufgefordert. Der Bekannten gegenüber teilte B. mit, die Gesellschaft habe ihm als Begründung angegeben, durch seinen sechswöchigen Krankenhausaufenthalt sei der Geldfonds für seine Ausbildung aufgebraucht. Honore B. habe sich dann in Paris über die Möglichkeit, sein Studium fortzusetzen, erkundigt. Als er sich nach der Rückkehr bei den hiesigen Ausländerbehörden wieder meldete, sei er mit einem Krankenwagen zur Ausländerbehörde gebracht worden, wo ihm innerhalb von drei Minuten der Paß ungültig gestempelt worden sei. Daraufhin sei er in Haft genommen worden. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts habe er entnervt auf den weiteren Rechtsweg verzichtet. Sechs Wochen nach seiner Inhaftierung wurde er in den Kongo ausgeflogen, wo er gegenwärtig als Postbeamter arbeite. Der Leiter der Carl– Duisberg–Gesellschaft, Hans Josef Zimmer, sieht nichts Ungewöhnliches in dem Vorgang: Alle ausländischen Stipendiaten seiner Organisation müssen sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen. Bei schweren Erkrankungen werde die Rückkehr veranlaßt. So sei man auch bei B. verfahren . Die saarländische Gesundheitsministerin Brunhilde Peter (SPD) hat am Donnerstag öffentlich erklärt, daß „es im Saarland im Zusammenhang mit AIDS keine Zwangsmaßnahmen geben“ werde. Darauf angesprochen, meinte Herr Herrmann von der Saarbrücker Ausländerbehörde gestern: „Meine Gesundheitsministerin ist für mich nicht das Gesetz“, er wende nur die Vorschriften des Ausländergesetzes an.